Zeitzeugen berichteten von Krieg und Zusammenbruch der Nazidiktatur

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Bargteheide – Es war eine gelungene Veranstaltung im Kleinen Theater, die Geschichtswerkstatt zu den Jahren 1933 bis 1949 in Bargteheide. Das Interesse war denn auch riesengroß, der Saal war fast voll belegt. Als Zeitzeugen waren Gerda Lohse, Luise Hemsen und Klaus Andresen auf dem Podium, befragt wurden sie von Hannah Zorn und Jonas Bewig, beide aus dem Geschichtsprofil der Anne-Frank-Schule. Zudem wurden die Aussagen dreier weiterer Zeitzeugen filmisch vorgestellt.

Jonas Bewig, Gerda Lohse, Klaus Andresen, Luise Hemsen und Hannah Zorn auf dem Podium mit Moderator Norbert Ohl.

Die Zeit der Naziherrschaft konnte nur aus Perspektive der damaligen Kinder beleuchtet werden, denn der Älteste war bei Kriegsende gerade 14 Jahre alt. Klaus Andresen erinnerte sich noch an die Propaganda damals: „In der Schule sprachen Ritterkreuzträger über den Zweiten Weltkrieg, ich hatte damals keinen Grund, deren Erzählungen zu bezweifeln.“ Wie staatlich angeordnet musste er Hitlerjunge werden.

Die Jungen mussten Kriegsdienste leisten, etwa bei der Ernte helfen und später auch Schutzgräben vor Luftangriffen schaufeln. „In den Knicks an der Jersbeker Straße etwa, wo es viele Tieffliegerangriffe gab. In den letzten Kriegswochen bedrohten die Flieger fast alles, was sich bewegte. Andresen erlebte die letzten vier Wochen vor der Befreiung mit seiner Familie im Keller.

Die Mädchen waren ebenso zwangsweise in den „Bund Deutscher Mädel“ verpflichtet. „Wir haben Pulswärmer für die Soldaten gestrickt“, erinnerte sich Gerda Lohse. Es sei eigentlich interessant gewesen, da die Eltern nur wenig Zeit für ihre Kinder übrighatten, zumal auch fast alle Männer als Soldaten an den Fronten waren. Zwei jüdische Mitbürger konnten in Bargteheide überleben, weil sie „arische“ Ehepartner hatten. Das schloss nicht aus, dass deren Kinder besonders drangsaliert wurden: „Da wurde schon mal die Luft aus dem Fahrradreifen abgelassen“, so Andresen.

Befreit wurde Bargteheide am 3. Mai 1945. Englische Truppen kamen von Tremsbüttel und Hammoor aus an, sie wurden mit weißen Fahnen empfangen. „Es kamen Schotten mit einem Dudelsack vorneweg“, erinnerte sich Luise Hemsen, „die musizierten dann auch beim Haus nebenan von uns, da wo sie später einquartiert waren.“

Mit dem Kriegsende begann der Hunger erst und auch der Kampf um den knappen Wohnraum. Pro Person wurden vier Quadratmeter Wohnfläche vorgeschrieben. Auf zehn Einheimische kamen damals zwölf Flüchtlinge oder Vertriebene. „Die Schule fiel aus, weil es keinen Brennstoff gab“, erinnerte sich ein Zeitzeuge. Andresen konnte erst im Februar 1946 wieder seine Schule besuchen, zuvor war der Unterricht fast ein Jahr lang ausgefallen.

„Wir sollten ein Leben lang so viel wie möglich lernen, das kann uns niemand nehmen“, sagte Gerda Lohse zum Schluss. „Alle Menschen haben ein Recht zu leben“, fügte sie hinzu und riet dazu, immer fair und sachlich mit sich selbst umzugehen.

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