Beim TIBO-After Work Talk berichtet Schulbegleiterin Sylvia von ihrer beruflichen Veränderung in der Lebensmitte
Bad Oldesloe. „Jahrelang fand das, was ich beruflich gemacht habe, zu Hause keiner wichtig“, sagt Betriebswirt Andreas. Nach einer häuslichen Pflegephase und dem Geben von Mathe-Nachhilfeunterricht, hat sich der Familienvater nun selbständig gemacht: Er entwickelt Kleidung für kranke Kinder und hat darin eine Sinnhaftigkeit entdeckt. Beim siebten After Work Talk der Transformations- und Innovationsgenossenschaft Bad Oldesloe (TIBO) am 22. Mai 2025 war er einer von 15 spannenden Gästen im Digital Learning Campus (DLC) am Konrad-Adenauer-Ring 1, die ihre beruflichen Spurwechsel teilten. Den Impuls gab bei diesem Fast & Curious Circle Bad Oldesloe (wir berichteten über den gleichnamigen Gründer-Podcast als Ideengeber) Sylvia, die in ihrem neuen Job als Schulbegleiterin ihre Erfüllung gefunden hat.

In ihrer Ausbildung hat Sylvia sich zunächst an ihrem Elternhaus orientiert. Mit einem Vater aus dem Handwerk entschied sie sich zunächst für eine Ausbildung zur Feinmechanikerin. Doch „das war nicht das, was mich ausmacht“, sagt die Oldesloerin. Nachdem auch Medizintechnik nicht das Richtige war, wagte Sylvia, deren eigentliches Interesse Menschen sind, einen Neustart als Schulbegleiterin. „Ich habe einen Autisten begleitet und hatte mein erstes berufliches Erfolgserlebnis.“ Durch diese Umorientierung, die erfahrene Wertschätzung und freigesetzte Euphorie, konnte sie persönliche Ressourcen aktivieren und ihre eigenen Kinder anders unterstützen. Ihre Strategie: „Ich gehe bei den Kindern direkt auf ihre Stärken ein, lobe viel“, so Sylvia.
Auch bei einem anwesenden Wirtschaftsingenieur liegt der Fokus auf der Frage „wie ticken Menschen?“ Nach Beratung in der Industrie sowie der Führung von 60 itarbeitenden hat er festgestellt: „Ich will nicht mehr höher, schneller weiter. 1:1 bin ich stark.“ Deshalb arbeite er jetzt als Coach für Fach- und Führungskräfte in Veränderungsprozessen.
Doch nicht alle Diskutanten haben die Veränderung aktiv herbeigeführt. „Die Spurwechsel haben mich eher gesucht“, sagt Personalerin Petra. Im Laufe ihrer Anstellung ergaben sich Wechsel von der elektronischen Datenverarbeitung über die Auswertung bis hin zur Leitung.
Bei Ergotherapeutin Inga findet der Jobwechsel derzeit innerhalb des Unternehmens statt. Teilweise fühle sie sich „wie Bambi“, so viel gebe es zu lernen beim Wandel des Berufs von der Selbständigkeit hin zur Unternehmerin.
Eine weitere Anwesende hat eine andere Lösung gefunden: Sie arbeitet weniger, um Erfüllung in anderen Dingen, wie etwa dem Ehrenamt zu finden. Und dann gab es noch
diejenigen, die feste Anstellungen hinter sich ließen, um Neues zu wagen – etwa im Gründen oder in der Selbständigkeit. Eine Anwesende formulierte es so: „Ich möchte mein Wissen nutzen, um etwas zu erschaffen, das größer ist als ich.“ Damit sie am Ende sagen könne, voll gelebt zu haben.
Und es kam Vanessa zu Wort, die nach der Yoga-Ausbildung eine Vereinsgründung zum Thema Biodiversität plant; oder Mathe-Lehrerin Christina, die ihre Schüler*innen in fast jeder Unterrichtsstunde innovativ fragt: „Wofür brauchen wir das?“ Eine anwesende Arbeitspsychologin diskutiert mit künstlicher Intelligenz (KI) ihre berufliche
Weiterentwicklungsmöglichkeiten und ein einstiger Elektrotechnik-Student hat „in die Medienschiene gewechselt.“ Vom Zeitungsredakteur ist er zu einer Werbeagentur gegangen, um sein Haus finanzieren zu können. Mittlerweile ist er Personaler und parallel kommunalpolitisch und fürs Heimatmuseum engagiert. Vielleicht kommt irgendwann auch nochmal was ganz Anderes – etwa „ein Ehrenamt oder eine Selbständigkeit…“
Am Ende des Abends ist klar: Aufbruch und Veränderung sind immer möglich. Wer Antrieb hat, darf seine Chancen jederzeit ausreizen. Entscheidend ist eine Tätigkeit, die einen für sich selbst und andere wichtig sein lässt. Welch vielseitiger, inspirierender Abend!
TEXT: JOHANNA EGGERT