Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Stormarn, Birte Kruse-Gobrecht, ist nach sechs Jahren erfolgreicher Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Stormarn zur Bürgermeisterin in Bargteheide gewählt worden. Die hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Stormarn freuen sich über den Wahlerfolg, beglückwünschen Frau Kruse-Gobrecht dazu und wünschen ihr eine erfolgreiche Arbeit als Bürgermeisterin!
Durch die Wahl von Frau Kruse-Gobrecht zur Bürgermeisterin wird die Stelle der Kreis-Gleichstellungsbeauftragten vakant.
Wir, die hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Stormarn, plädieren daher an die Kreistagsabgeordneten, die Stelle der Kreis-Gleichstellungsbeauftragten wieder mit einer Vollzeitstelle von mind. 39 Stunden/Woche zu besetzen!
Aus unserer Sicht bedarf das umfangreiche Aufgabengebiet einer Kreis-Gleichstellungsbeauftragten mindestens einer Vollzeitstelle, um dem verfassungsmäßigen Auftrag gerecht zu werden. So bestehen die Aufgaben der Kreis-Gleichstellungsbeauftragten wie auch aller anderen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten darin, dass sie alles tun soll, um diskriminierende strukturelle Barrieren für Frauen innerhalb und außerhalb der Verwaltung sichtbar zu machen und Vorschläge zu entwickeln, wie diese abzubauen seien. Sie soll sowohl die administrativen wie die politischen Gremien bei allen Vorhaben und Maßnahmen beraten, die Frauen entweder in anderer Weise oder in stärkerem Ausmaß betreffen als Männer. Dabei hat sie alle diejenigen Frauen und Frauengruppen – oder auch Männer, so es sie denn gibt – die sich in ihrem je eigenen Arbeits- und Einflussgebiet um Abbau benachteiligter Strukturen bemühen, tatkräftig zu unterstützen.
Die Gleichstellungsbeauftragte hat eine immense Breite und Vielfalt von Themen unter den jeweils notwendigen juristischen, gesellschaftspolitischen, administrativen, therapeutischen und pädagogischen Aspekten zu bewältigen. Auch wenn sie nicht überall zur Expertin werden muss, so hat sie sich doch soweit in die einzelnen Bereiche einzuarbeiten, dass sie nicht nur die inneren Sachzusammenhänge und die Rahmenbedingungen einzuschätzen weiß, sondern auch, dass sie qualifizierte Anregungen geben oder Initiativen entwickeln kann.
Es müssen deshalb die personellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der mit dem Amt angestrebte Zweck tatsächlich erreicht werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn der Zweck einer Funktion darin besteht, bei der Erfüllung eines Verfassungsauftrags mitzuwirken.
Auch unter Berücksichtigung der Haushaltssituation des Kreises muss durch den Umfang der Gleichstellungsstelle gewährleistet sein, dass eine substantielle Aufgabenwahrnehmung möglich bleibt. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Kreis den ihm nach der Landesverfassung und der Kreisordnung obliegenden Auftrag verfehlt, zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung beizutragen.
Immer wieder treten Behauptungen auf, gleichstellungspolitische Maßnahmen, wie z.B. Gender Mainstreaming, Quoten, geschlechtergerechte Sprache oder Gleichstellungsbeauftragte, seien „gestrig“, „veraltet“, „überholt“ oder „ein Überbleibsel aus dem letzten Jahrhundert, dass nicht in unsere Zeit passt“. Unter Verweis auf beruflich erfolgreiche und in der Öffentlichkeit präsente Frauen
aus Politik, Medien und Wirtschaft wird eine weibliche Übermacht behauptet. Die Notwendigkeit gleichstellungspolitischer Maßnahmen zu Gunsten von Frauen bestehe daher nicht mehr.
Die Behauptungen, gleichstellungspolitische Ziele seien angesichts der Existenz erfolgreicher Frauen heute bereits erreicht bzw. übererfüllt, sind falsch. Die Sichtbarkeit erfolgreicher Frauen ist kein hinreichender Indikator für den Erfolg von Frauen- bzw. Gleichstellungspolitik. Die Fokussierung auf weibliche Erfolgsgeschichten täuscht vielmehr darüber hinweg, dass Löhne, Besitz und gute Arbeit zu Lasten von Frauen massiv ungleich verteilt sind. Frauen verdienen in Deutschland durchschnittlich 22 Prozent weniger als Männer (Datenreport 2016 des Statistischen Bundesamtes Deutschland). Dies hat vielfältige Gründe:
Frauen sind sowohl auf nationaler Ebene als auch weltweit überdurchschnittlich stark von Armut betroffen. Darüber hinaus hält prekarisierte – d.h. nicht-existenzsichernde, gering entlohnte, befristete, nicht sozialversicherungspflichtige – Teilzeitbeschäftigung Frauen in finanzielle Abhängigkeitsverhältnisse zu ihren Partnern. Aber auch hinsichtlich der behaupteten Gleichstellung, was Entscheidungspositionen in Politik, Medien, Wissenschaft und Wirtschaft anbelangt, zeigt sich, dass Frauen nach wie vor unterrepräsentiert sind.
Wenn einzelne Frauen, die Entscheidungspositionen innehaben und/oder finanziell sehr erfolgreich sind, als Beleg für die erreichte Gleichstellung hervorgehoben werden, werden die bestehenden sexistischen Geschlechterverhältnisse unsichtbar gemacht. So liegt der Frauenanteil im Kreistag Stormarn mit knapp 40 % im Vergleich zu den Kommunalparlamenten in den Städten und Gemeinden, wo er häufig nicht mal die 30 %-Marke erreicht, zwar noch recht hoch, aber von Gleichstellung kann nicht die Rede sein. Bei den höchsten Führungspositionen in der Privatwirtschaft und bei der Repräsentation von Männern in den Medien fällt das Verhältnis noch deutlich ungünstiger für Frauen aus.
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren nimmt die Existenz und Sichtbarkeit von Frauen in Entscheidungspositionen – teilweise deutlich, teilweise kaum merklich – zu. Der berufliche Erfolg einzelner Frauen ist unter gegenwärtigen Bedingungen allerdings stark mit einer Umverteilung von Geld, Ansehen und Arbeit zwischen Frauen verbunden. Die Delegierung unbezahlter/schlecht bezahlter und abgewerteter Tätigkeiten wie beispielsweise Putzen, Kochen oder die Betreuung von Kindern an andere Frauen ist häufig eine notwendige Voraussetzung für den beruflichen Erfolg privilegierter Frauen und Männer. Auch deshalb lässt sich der Erfolg von Gleichstellungspolitik nicht an weiblichen Erfolgsgeschichten, die in den Medien präsentiert werden, ablesen.
Die hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Stormarn:
Stadt Ahrensburg: Gabriele Fricke
Stadt Bad Oldesloe: Marion Gurlit
Stadt Bargteheide: Gabriele Abel
Stadt Glinde: Kerstin Schoneboom
Amt und Gemeinde Trittau: Inge Diekmann
Stadt Reinbek: Maria de Graaff-Willemsen