Atomaufsicht untersagt PreussenElektra Beladung des neuen Kerns im Atomkraftwerk Brokdorf

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KIEL. Nach der Feststellung von ungewöhnlich dicken Oxidschichten an Brennstäben im Reaktorkern des Kernkraftwerks Brokdorf ist die Ursache nach wie vor ungeklärt. Dennoch hat die Betreiberin PreussenElektra der Atomaufsicht gestern Abend (13. März 2017) schriftlich angekündigt, von diesem Mittwoch an den Kern neu zu beladen. Dieses hat die Atomaufsicht heute untersagt, teilte das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume mit.

Ra Boe / Wikipedia [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode
„Es handelt sich um einen neuen Reaktorkern. Nach der Betriebsgenehmigung ist eine neue Kernbeladung der Aufsichtsbehörde drei Monate vorher anzuzeigen. Die beabsichtigte Kernbeladung ist daher nach Auffassung der Aufsichtsbehörde unzulässig“, sagte Umweltminister Robert Habeck. Die Frist solle gerade eine sorgfältige und ungestörte Prüfung aller Sicherheitsparameter ermöglichen. So muss die Eignung eines Kerns im Betrieb, bei der Handhabung und bei Störfällen gewährleistet sein.

Das Kernkraftwerk Brokdorf befindet sich gerade in der Jahresrevision. Im Zuge dieser Prüfungen waren an Brennstäben Oxidschichten festgestellt worden, die dicker waren, schneller und an anderen Stellen auftraten als erwartet.

Die Atomaufsicht erwartet von der Betreiberin zunächst, den neuen Oxidationsmechanismus so weit wie möglich aufzuklären. „Für die Zukunft muss ausgeschlossen sein, dass sich erneut Oxidschichten bilden, die den Grenzwert überschreiten. Dafür ist ein Verständnis von den Ursachen der Oxidation erforderlich“, sagte der Leiter der Atomaufsicht, Dr. Dr. Jan Backmann. Dabei sind auch Erkenntnisse aus anderen Anlagen einzubeziehen, in denen ebenfalls unerwartet dicke Oxidschichten aufgetreten sind. Dem äußeren Erscheinungsbild nach sind diese Auffälligkeiten jenen im Kernkraftwerk Brokdorf nämlich so ähnlich, dass von einem identischen Mechanismus ausgegangen werden muss.

In einem zweiten Schritt ist sodann das Nachweiskonzept so zu ergänzen, dass es belastbare Prognosen für die Zukunft ermöglicht. Dieses erweiterte Nachweiskonzept ist im dritten Schritt dann ein Maßstab für die Prüfung des Folgekerns.

„Leider ist PreussenElektra dem bislang nicht vollständig nachgekommen“, sagte Minister Habeck. Den festgestellten Oxidationsprozess bezeichne das Unternehmen selbst als „anders gearteten Korrosionsmechanismus, der wahrscheinlich auch eine thermische Komponente umfasst“. Die Atomaufsicht kann zudem bislang nicht bestätigen, dass alle betroffenen Brennstäbe aus einer einzigen fehlerhaften Charge (also aus einem sog. Ingot – dem Rohmaterial, aus dem die Brennstäbe gezogen werden) stammen. Im KKW Brokdorf sind nämlich Brennstäbe aus mindestens zwei Chargen  betroffen. Zudem haben bisher auch nur Stichproben stattgefunden. Darüber hinaus wäre dadurch nicht das Auftreten des Mechanismus an anderen Standorten zu erklären.

Angesichts des ungeklärten Oxidationsmechanismus prüft die Atomaufsicht nun zudem den Erlass einer nachträglichen Auflage, mit der die beschriebene Ergänzung des Nachweiskonzepts gefordert wird, damit es sämtliche Korrosionsmechanismen  sicher abdeckt.

Eine Zustimmung der Atomaufsicht zum Wiederanfahren des Kernkraftwerks ist erst möglich, wenn ausgeschlossen ist, dass sich das Problem an anderen Brennstäben wiederholt.

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