Norddeutsche Bundesländer und Verbände unterzeichnen Aufruf Windenergie auf der Branchen-Leitmesse WindEnergy Hamburg
Die Energieminister und -senatoren der norddeutschen Bundesländer Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern haben heute (Dienstag) gemeinsam mit Branchenvertretern auf der WindEnergy in Hamburg den ,Aufruf Windenergie‘ unterzeichnet. Darin fordern sie von der Bundesregierung dringende energiepolitische Weichenstellungen ein. Die Unterzeichner berufen sich auf die energiepolitischen Zielvorgaben des Koalitionsvertrages des Bundes. Dazu zählen insbesondere die Sonderausschreibungen für Windenergie an Land, mehr Kapazitäten für Windenergie auf See sowie der Ausbau, die Optimierung und Modernisierung der Stromnetze. Aktueller Anlass sind die Einbrüche bei den Ausbauzahlen für Windenergie an Land, das voraussichtliche Verfehlen der nationalen Klimaziele in 2020 sowie die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Im August hatte das Windenergieunternehmen Enercon die Entlassung von mehr als 800 Mitarbeitern angekündigt.
Niedersachsens Energie- und Umweltminister Olaf Lies: „Die Entwicklungen in der Branche, der Stellenabbau, die Verlagerung von Aktivitäten ins Ausland und der zunehmend negative Marktausblick für den deutschen Markt, erfüllen uns mit großer Sorge. Wir erleben gerade in Niedersachsen wie Arbeiter in der Zukunftsbranche Windenergie ihren Arbeitsplatz verlieren. Schon jetzt sind weit über 1.000 Arbeitsplätze weg, und die Gefahr ist sehr groß, dass sich das fortsetzt. Darum habe ich die Initiative ergriffen und nach den beiden Cuxhavener Appellen jetzt den Aufruf Windenergie initiiert. Wir wollen diese Zukunftsindustrie sichern. Leider ist der Bund bisher nicht auf diesem Weg. Im Gegenteil, der Bund droht gerade die Energiewende zu verstolpern. Noch immer wartet die Branche vergeblich auf zugesagte Sonderausschreibungen im Onshore-Bereich. Die brauchen wir aber dringend, um die dem Markt verlorenen Ausschreibungen des letzten Jahres nachzuholen. Auch der Ausbaudeckel für die Offshore-Windenergie behindert die Branche unnötig. Wir aber wollen, dass bei den Ausbauzielen keine Flaute entsteht – das ist wichtig zum Erreichen der Klimaziele aber auch für unsere Unternehmen. Es ist schon erstaunlich, wie lange sich die Bundesregierung Zeit lässt, Sonderausschreibungen auf den Weg zu bringen und Ausbaupfade zu definieren und damit der erneuerbaren Energiebranche schadet. Unser Klima und unsere Fachkräfte können sich dieses Zögern nicht leisten.“
Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie der Freien und Hansestadt Hamburg, erklärt: „Durch die Sektorkopplung bekommt erneuerbarer Strom künftig auch für den Verkehrs- und für den Wärmesektor deutlich mehr Bedeutung. Daher ist es enorm wichtig, jetzt und sofort die richtigen Schritte zu gehen, um den Ausbau der Windenergie und der anderen Erneuerbaren Energien nach den jüngsten Schwierigkeiten wieder zu stabilisieren und deutlich zu beschleunigen. Ansonsten sind die Einspar-Ziele der Bundesregierung bis 2030 nicht zu erreichen. Heute falsch gestellte Weichen, werden uns in den nächsten Jahren vor größte Probleme stellen. Was jetzt dringlich anzupacken ist, haben wir in den fünf Forderungen im ,Aufruf Windenergie‘ zusammengefasst. Dabei ist z. B. die Windenergie ja nicht nur ein energiepolitisch wichtiger Baustein, sondern schafft auch gut 160.000 Arbeitsplätze in ganz Deutschland und bringt Wirtschaftswachstum, Wertschöpfung, Innovation und Export voran.“
Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht betont: „Beim Windenergieausbau und beim Netzausbau muss es endlich verlässlich vorangehen, denn nur so können die Klimaziele erreicht werden. Aus Sicht von Schleswig-Holstein sehen wir aber zudem dringenden Handlungsbedarf für eine umfassende Reform des Steuer- und Abgabensystems. Wir brauchen eine angemessene CO2-Bepreisung in allen Sektoren, damit die Energiewende insgesamt gelingt.“
Bremens Umweltsenator Dr. Joachim Lohse sagt: „Die Bundesregierung wird ihre selbst gesteckten Klimaziele krachend verfehlen, wenn nicht endlich die nicht nachvollziehbare Deckelung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien im EEG aufgehoben wird.“
Christian Pegel, Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister sagt: „Die Windenergie leistet einen entscheidenden Beitrag zum Umsetzen der Energiewende und somit dazu, dass wir unseren Kindern und Enkeln eine gesunde, lebenswerte Erde hinterlassen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Windstrom und den konsequenten Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze sowie ein intelligentes Lastenmanagement. Hinzu kommt, dass sich die Branche in Mecklenburg-Vorpommern zu einem wichtigen Wirtschaftszweig mit zehntausenden gut bezahlten Jobs für qualifizierte Fachkräfte entwickelt hat – onshore ebenso wie offshore. Eine unentschlossene Bundespolitik droht diese Entwicklung nicht nur auszubremsen, sondern gar zu einem Rückschritt führen.“
Heiko Messerschmidt, Bezirkssekretär IG Metall Küste, erklärte: „Tausende Arbeitsplätze sind schon verloren gegangen. Um das zu stoppen, müssen die Unternehmen Verantwortung übernehmen und darf die Bundesregierung einen stärkeren Ausbau der Windenergie nicht länger blockieren. Anders sind auch die Klimaschutzziele nicht zu erreichen.“ Die unterzeichnenden Verbände und Organisationen forderten die Bundesregierung zum schnellen Handeln auf: „Die Bundesregierung hat sich in der Koalitionsvereinbarung eindeutig dazu verpflichtet, den Ausbau der Windenergie an Land und auf See in Deutschland mit klar benannten Maßnahmen ab 2019 zu stabilisieren. Zudem hat sie sich für die Realisierung eines nationalen Offshore-Testfeldes ausgesprochen. Bisher ist nichts davon geschehen – was die Branche massiv verunsichert und bereits zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten geführt hat. Es ist ein ausgesprochen negatives Signal, dass wir hier heute gemeinsam mit den Küstenländern auf der globalen Leitmesse Wind Energy 2018 in Hamburg die Bundesregierung, die bereits 200 Tage im Amt ist, zum Handeln auffordern müssen. Wenn der Ausbau der Windenergie nicht zügig konkretisiert wird, lässt sich das Ziel der Bundesregierung, 65 Prozent der Stromversorgung 2030 mit erneuerbaren Energien zu leisten, nicht erreichen.“