Bargteheide – 100 Jahre Frauenwahlrecht stand im Mittelpunkt einer bemerkenswerten Veranstaltung im Bargteheider Stadthaus. Erinnerungen an die die Politikerin Luise Zietz weckte die Professorin Heidi Höppner. Auf die immer noch fehlende Gleichstellung von Frauen in der Politik machte die Professorin Silke Laskowski aufmerksam.
Für die gekonnte musikalische Begleitung sorgten der Frauenchor „Just8“ und Ella Burkhardt. Die Schülerin intonierte eigene Songs am Klavier und mit der Gitarre mit ausgesprochen jazzigen Groove.
Die Schauspiele Eva-Maria Kölling trug Texte der aus Bargteheide stammenden Luise Zietz vor. „Willst du arm und unfrei bleiben“, hatte die früh verstorbene Reichstagsabgeordnete einst gefragt und die Frauen zu mehr politischem Engagement aufgefordert.
Von paritätischen Machtverhältnissen sind wir immer noch weit entfernt. „Nur zehn Prozent Frauen üben das Bürgermeisteramt aus“, so Laskowski, „bei den Landräten sind es nur drei Prozent.“ Etwas besser sieht es in den Parlamenten aus, doch auch dort sind Frauen unterpräsentiert. Bei der CDU sind nur 20 Prozent der Bundestagsabgeordneten weiblich, bei der CSU sogar nur 17 Prozent. Negativer Spitzenreiter ist die AfD mit gerade einmal 11,7 Prozent Frauenanteil.
Die wenigen Frauen im ersten Bundestag konnten nur mit Mühe die Gleichberechtigung im Grundgesetz verankern. Mit einer Postkarten-Aktion machten die „Trümmerfrauen“ 1948 entsprechenden Druck. Trotzdem durften Frauen auch danach noch lange nicht eine Arbeit annehmen, wenn der Ehegatte damit nicht einverstanden war. Die letzten solcher Frauendiskriminierungen wurden erst in den Neunzigerjahren aufgehoben.
Die Nationalsozialisten hoben das 1919 eingeführte passive Frauenwahlrecht faktisch wieder auf. Auf den (Schein-)Wahllisten für den Reichstag kandidierten 1933 nur 700 Männer. „Auch heute noch scheinen die Frauenrechte verhandelbar“, so die Gleichstellungsbeauftrage Kathrin Geschke. Im Bundestag sitzen jetzt 30,9 Prozent Frauen. Das sei auch vom Bundesverfassungsgericht als strukturelle Benachteiligung kritisiert worden. Durch Erziehungszeiten und niedrigere Löhne sei für viele Frauen die Altersarmut vorprogrammiert, sagte Laskowski.
Das Wahlrecht für Frauen muss nicht noch einmal erkämpft werden“, sagte Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht. Zu glauben aber, dass alle Themen abgeräumt seien, das bleibe ein Trugschluss.
Denn Diskriminierung in Alltag, Beruf oder Rechtssystem müssten weiter abgebaut werden. Gleiche Entlohnung und Frauenquoten blieben weiterhin Themen, auch das Verbot von Abtreibungsinformationen sei eines von vielen Stichworten: „Es geht um soziale und gesellschaftliche Gleichstellung.“