Hamburg
Die Planungen für den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Hamburg über Rahlstedt, Ahrensburg und Bad Oldesloe elektrisieren weiterhin Anwohner, Politiker und Umweltschützer. Gut 400 Bürger nahmen am Freitagabend an einer Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative an der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck e.V. im Gymnasium Rahlstedt teil. Rede und Antwort standen dabei unter anderem Ole Thorben Buschhüter (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses in der Hamburger Bürgerschaft, und der Kieler Landtagsabgeordnete Andreas Tietze (Grüne).
Tietze hält eine alternative Prüfung für sinnvoll.
„Auch dort gibt es Betroffenheiten“
„Sie ignorieren Anwohner und Wähler“, riefen einige Besucher der Veranstaltung dem SPD-Politiker Buschhüter zu. Der hatte die Prüfung einer alternativen Streckenführung entlang der A1 mit der Begründung zurückgewiesen: „Auch dort gibt es Betroffenheiten.“
Die Deutsche Bahn, Bund und Länder planen in Hamburgs Osten zweierlei: Zum einen den Bau der S 4, den die Bürgerinitiative begrüßt. Zum anderen sollen künftig auf dieser Strecke Mega-Güterzüge von Südeuropa bis nach Skandinavien rollen. Dagegen formiert sich breiter Bürgerprotest, der jetzt weitere politische Unterstützung erhält. Der Grünen-Politiker Tietze sagte bei der von Hamburg1-Journalist Herbert Schalthoff moderierten Veranstaltung: „Eine alternative Trassenführung muss ernsthaft geprüft werden. Wer das verweigert, wird scheitern.“
Das sagt die CDU
Prognosen zufolge sollen von Hamburg Richtung Lübeck bis zu 120 Mega-Güterzüge täglich rollen, im Schnitt alle zwölf Minuten. Sie werden mit neuen Flüsterbremsen ausgestattet und haben eine maximale Länge von 835 Metern. CDU-Politiker fürchten, dass Gefahrguttransporte mitten durch Hamburger Wohngebiete führen. Der Rahlstedter CDU-Sicherheitsexperte Holger von der Born warnte beispielsweise vor Munitionstransporten durch den bevölkerungsreichsten Hamburger Stadtteil. Und der CDU-Politiker Gerald Neubauer aus Farmsen-Berne sagte. „Transeuropäischer Güterverkehr gehört nicht durch Hamburg.“
Weil es nach Angaben von Claus-Peter Schmidt, 1. Vorsitzender der Bürgerinitiative, bei der Verkehrsplanung für das EU-Gütertransitgleis noch keine offizielle Alternativplanung gab, forderte er die Prüfung einer anderen Trassenführung. Darüber berichtete der Münchner Verkehrsplaner und -berater Martin Vieregg. Der Experte hat eine detaillierte Route unmittelbar entlang der Autobahn A1 erarbeitet, die sogar kostengünstiger als die bisherige Planung ist. Außerdem könnten dort die Intercity-Züge schneller fahren und die Fahrzeit deutlich verkürzen, was den neuen Vorgaben des Bundesverkehrsministeriums („Deutschlandtakt“) entspreche.
Probleme in Großhansdorf
Vieregg machte allerdings auch auf zwei „Engstellen“ in Billstedt/Öjendorf sowie „Großhansdorf/Baggerkuhle“ aufmerksam. Um die Beeinträchtigungen für die Anwohner zu reduzieren, müsse dort ein Tunnel gebaut und der Damm erhöht werden. Rechtsanwältin Suzan Goldschmidt berät die Bürgerinitiative und sagte, es sei rechtlich erforderlich, dass eine alternative Streckenprüfung stattfinde.
Darüber hinaus sollen mitten im gewachsenen Wandsbeker Wohngebiet zwei neue Haltestellen gebaut werden, da an der bestehenden Bahnstation „Wandsbeker Bahnhof“ kein Platz für 4 Gleise und Bahnsteige ist. Goldschmidt: „Dadurch würden auf engstem Raum mitten in der Großstadt Hamburg drei Großbaustellen circa fünf Jahre lang zu extremem Baulärm und Verkehrschaos führen.“
Mehr noch: Die Mega-Züge fahren durch ein per EU-Recht geschütztes Gebiet, das Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal. „Dort leben Kammmolche, Moorfrösche,sechs Fledermausarten, Fischotter und der Wachtelkönig“, sagte Petra Ludwig-Sidow vom BUND-Kreisverband Stormarn. Wenn noch mehr Züge fahren, steige der Kollisionsrisiko für Fledermäuse. „Außerdem benutzt die Bahn Glyphosat für ihre Strecken“, um den Bewuchs zu verhindern. Das Bundesnaturschutzgesetz schreibe eine Alternativprüfung vor.
Klage geplant
Den Alternativ-Vorschlag des Münchner Verkehrsplaner quittierten die Bürger auf der Info-Veranstaltung mit viel Applaus. Die Bürgerinitiative werde vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage einreichen, hieß es.
Beim Großprojekt „Schienenanbindung der festen Fehmarnbelt-Querung“ werden nach Angaben der Bahn insgesamt 2,2 Milliarden Euro investiert. Der weiter steigende Fern- und Güterverkehr auf der Strecke zwischen Hamburg über Bad Oldesloe und Lübeck Richtung Skandinavien wird nicht die neuen geplanten S-Bahn-Gleise nutzen, sondern die Bestandsgleise. Erwartet wird, dass sich der Güterzugverkehr mindestens verdoppelt.
Das weitere Projekt, der Bau der S 4, sieht vor, zwei zusätzliche Gleise auf der insgesamt 35,9 Kilometer langen Strecke von Altona nach Bad Oldesloe zu bauen, und zwar auf einem Gesamtabschnitt von 17 Kilometern bis Ahrensburg. Darüber hinaus gibt es an den Bahnhaltepunkten umfangreiche Modernisierungen sowie neue Stationen wie Holstenhofweg und Am Pulverhof. Von Ahrensburg-Gartenholz bis Bad Oldesloe ist dagegen kein Streckenausbau vorgesehen, dafür umfangreiche Modernisierungen an den Bahnhöfen. 950 Millionen Euro werden von Bund, Ländern und Bahn investiert.
Sollten die Bauarbeiten im Jahr 2020 beginnen, könnte die erste S-4-Teilstrecke zwischen Hamburg-Hauptbahnhof und Rahlstedt 2025 fertig sein. Die Inbetriebnahme der gesamten Strecke ist für 2027 geplant.
Wenn dann wirklich alle 12 Minuten ein Zug von bis zu 800 m Länge durchfährt, muss man sich fragen wie dann in Tremsbüttel, Kupfermühle, Rolfshagen und Rümpel die Bahnübergänge gestaltet werden? Wird es dort Brücken oder Tunnel geben? Oder werden diese Bahnübergänge stillgelegt? Wie lange dauert es bis entsprechend umgebaut wird? Was wird, wenn es den Fehmarnbelt Tunnel nicht gibt?
Wir sollten das Planen und Bauen neuer Verkehrsverbindungen ganz einstellen, denn überall gibt eine schützenswerte Tierart oder eine schützenswerte Landschaft. Dann müßen wir aber auch auf die gute alte Postkutsche umsteigen. Die Fahrt von HH nach HL dauert dann eben 1 Tag anstatt 1 h.