Gedenken an den Todesmarsch vor 80 Jahren

0

Bargteheide – Es muss ein bizarrer Anblick gewesen sein. Etwa 250 Häftlinge und Zwangsarbeiter aus dem Konzentrationslager Neuengamme marschierten am 30. April 1945 durch Bargteheide. Die entkräfteten Gefangenen wurden vor den anrückenden britischen Truppen nach Norden evakuiert, bewacht von etwa 100 SS-Leuten mit kläffenden Hunden und marschierten unter den Klängen des Lager-Orchesters. Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde erschossen. In Bargteheide nächtigte die groteske Gruppe in einer Scheune.

Sie haben das Gedenken mitorganisiert: Peter Rieper, Bernadette Kölker, Dr. Ruth Kastner, Ilse Siebel und Jonas Bewig

Daran wird am 80. Jahrestag mit einem Gedenkmarsch erinnert. Er startet am Nachmittag in Ahrensburg. Dort wird es eine Kundgebung beim alten Speicher geben, in dem damals Zwangsarbeiter untergebracht waren. Anschließend ziehen die Teilnehmer*innen aus Ahrensburg und Hamburg-Rahlstedt nach Bargteheide.

Am 2. Mai wrd es einen weiteren Erinnerungsmarsch geben, der von Bargteheide nach Bad Oldesloe und weiter nach Reinfeld geben. Beim Hof Dröhnhorst endet der Marsch mit einer weiteren Kundgebung. Auf dieser Strecke wurden die Gefangenen 1945 bis nach Flensburg weitergetrieben. Dort wurden sie auf Schiffe verfrachtet und wurden erst am 10. Mai von den Briten befreit. Die gesamte Wegstrecke soll dabei mit Kreide markiert werden.

Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis organisiert dieses Gedenken. Die Arbeitsgruppe Todesmarsch entstand aus der Initiative der Landesbeauftragten für politische Bildung und der Geschichtswerkstatt Bargteheide. Es wird auch ein Grußwort vom Ministerpräsidenten Daniel Günter verlesen. „Wir müssen wissen, was damals passiert ist, damit es nie wieder geschieht“, sagt Ilse Magdalena Siebel.

Es gibt kaum noch Zeitzeugen, die das damalige Geschehen bewusst erlebt haben. Der Bargteheider Hans Timmermann ist einer der Wenigen, die sich daran erinnerten und das auch wollten. Ein Interview mit ihm wird während der Kundgebung präsentiert. Das Thema sei schambesetzt damals gewesen, so Elke Petter, und Deutschland sei am Kriegsende noch ziemlich durchnazifiziert gewesen. „Die Leute haben es verdrängt und wollten es nicht wahrhaben.“

Ein Protokoll des Todesmarschs

Auch Jugendliche werden ins Gedenken einbezogen. Die Geschichtsprofile der Schulen beteiligen sich, namentlich von der Anne-Frank-Schule und dem Eckhorst-Gymnasium. Kinder- und Jugendbeirat, Pfadfinderdas Jugendforum, die Kommun alpolitik und Gewerkschaften ziehen an einem Strang. „Erstmals ist es gelungen, so viele Initiativen zusammenzuschließen“, sagt Dr. Ruth Kastner.

„Die Gedenkaktionen sollen erinnern und mahnen“, sagt Jonas Bewig, „denn was einmal geschah, kann wieder geschehen.“ Die aktuelle Entwicklung mache diese Mahnung so dringlich, wie kaum je zuvor. „Wir machen uns große Sorgen über das, was sich am rechten Rand entwickelt“, sagt auch Bernadette Kölker.

Immerhin wurden die SS-Mörder später für ihre Taten bestraft. „Die Briten haben für die Täter ein Tribunal im Hamburger Curio-Haus organisiert“, sagt Dr. Ruth Kastner. Elf der 15 Angeklagten wurden dabei von diesem Gericht zum Tode verurteilt.

Die einzelnen Startpunkte sind auf der Internetseite www.geschichtswerkstatt-bargteheide.de zu finden.

Link zum Podcast: https://www.der-marsch.de/

Kommentar schreiben (erst nach Moderation sichtbar)

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

*