Infoveranstaltung des Autonomen Jugendhauses

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Die Infoveranstaltung des Autonomen Jugendhauses am Dienstag, dem 25.11.2025, um 19 Uhr im Bargteheider Stadthaus war ein voller Erfolg. Der Saal des Stadthauses war prall gefüllt mit rund 150 Personen. Viele Jugendliche und Bürgerinnen und Bürger saßen am Rand des Raumes auf Tischen oder standen, da keine Stühle mehr vorhanden waren. Die Bürgermeisterin von Bargteheide, Gabriele Hettwer, und viele Vertreterinnen der Politik waren auch anwesend, um sich die Beiträge des AJH anzuhören.
Dani, die 1. Vorsitzende des Vereins des Autonomen Jugendhauses, moderierte die
Veranstaltung und begrüßte alle Gekommenen herzlich. Mit ihr saßen drei derzeit aktive
Personen und eine ehemals aktive Person auf dem Podium.


Luisa (17), aktiv im AJH, machte den Start und erklärte, wie das AJH überhaupt funktioniert: dass alle Entscheidungen basisdemokratisch im Plenum getroffen werden, wie das Schlüsselträger-System funktioniert, wie das Awareness Team dafür sorgt, dass sich alle wohlfühlen, wie das AJH seit Generationen Jugendlichen beibringt, Verantwortung zu übernehmen und wie Jugendliche dadurch ohne die Anleitung von Erwachsenen oder
Sozialarbeiter ihre Freizeit gestalten.
Als Nächster sprach Patrick, ein ehemals Aktiver. Er war von 2003 bis 2007 im Haus aktiv
und erzählte von der Zeit, als das alte Jugendhaus einem Neubaugebiet weichen musste.
Die Jugendlichen mussten damals über Jahre dafür kämpfen, dass sie ein neues Gebäude
bekommen. Als Übergangslösung hat die Stadt dem AJH einen schon damals 20 Jahre
alten Containerbau zur Verfügung gestellt, in dem zuvor eine Geflüchtetenunterkunft
untergebracht war. Die maroden Container wurden dann über zwei Jahre lang aufwändig
von den Aktiven kernsaniert, sodass man die Container überhaupt als Jugendhaus nutzen
konnte. 20 Jahre nach dem Versprechen der Stadt, dass die Container nur eine
Übergangslösung sein, ist das AJH immer noch in den Räumen aktiv und der bauliche
Zustand der nun fast 40 Jahre alten Container ist sehr schlecht.
Über die regelmäßigen rechten Anschläge der letzten Jahre berichtete Fred (16), aktiv im
AJH. Genauer ging er auf die Angriffe von diesem Jahr ein. Er erklärte, wie es ihm und den Aktiven nach diesen Anschlägen geht und was für ein Gefühl es ist, immer wieder
angegriffen zu werden. Er kritisierte, dass einige Parteien die Angriffe nicht öffentlich
verurteilten. Sein Fazit war aber klar: Wir lassen uns nicht unterkriegen!
Nach diesem Beitrag wurden Fotos von dem massiven Vandalismus der letzten Jahre
gezeigt: eingeschlagene Scheiben, rechte Schmierereien, die drei großen Brandstiftungen
und der letzte Einbruch vor drei Wochen, bei dem Hakenkreuze und AfD Schriftzüge im
Innenraum an die Wand gesprüht wurden.
Außerdem wurden Fotos von den massiven Schmierereien der letzten anderthalb Monate im Schulzentrum gezeigt. Diese zeigen, dass rechtsextremer Vandalismus nicht nur das AJH, sondern ganz Bargteheide betrifft.
Damit klar wird, wie der Vandalismus aus professioneller Sicht gesehen wird, wurde ein
Video von ZEBRA e.V., der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in
Schleswig-Holstein, abgespielt. In dem Beitrag ordnete Felix Fischer die Angriffe auf das
AJH in einen größeren Kontext einer rechten Raumnahme-Strategie ein.
Link: https://www.instagram.com/reel/DQmDcBvDWSy/?
Nach den Beiträgen hat Johann (19) zu dem Thema fremdverwaltete Kameraüberwachung
gesprochen. Die Stadt plant, am Jugendhaus Überwachungskameras zu installieren.
Das AJH ist gegen diese Kameras, da sie keinen echten Schutz bieten. Sie sind nur für die
Aufklärung bereits geschehener Straftaten relevant. Die Aufklärung ist aber auch durch
Kameras fast unmöglich, da der Vandalismus nicht zufällig, sondern politisch und geplant ist.
Ein Angreifer kann sich einfach vermummen oder die Kameras umgehen. Ein von den
Aktiven gestaltetes Video machte den Anwesenden auf humorvolle Art klar, dass Kameras
nicht für die Aufklärung von Straftaten hilfreich sind. Eine vermummte Person wird aus dem Winkel einer möglichen Kamera am AJH gefilmt, wie sie am Haus sprüht und mit einer Brechstange die Tür aufbricht. Die Person ist obwohl das Video am Tag aufgenommen wurde durch die Vermummung und schwarze Kleidung nicht wiederzuerkennen. Die Kameras haben in der Realität keinen Sicherheitsvorteil, sondern würden nur dazu führen, dass Jugendliche in ihrem selbstverwalteten Freiraum dauerhaft überwacht werden. Johann fordert, dass zuerst physische Schutzmaßnahmen wie ein Zaun oder eine Beleuchtung mit Bewegungsmeldern umgesetzt werden. Er kritisierte zudem die Intransparenz der Politik gegenüber den Aktiven, die über das Ausmaß der Überwachung bis heute nicht informiert wurden. Über die Anträge des AJH im Bauausschuss wurde nichtöffentlich diskutiert und abgestimmt und aus der Zeitung erfahren wir, dass die Kameras noch dieses Jahr kommen sollen. Das AJH hat das Gefühl, dass Entscheidungen, ohne die Betroffenen, im „Hinterzimmer“ getroffen werden sollen.
Als letzter Beitrag des Abends berichtete Luisa noch darüber, was das AJH jetzt für
Zukunftspläne hat. Eine für den 13. Dezember geplante Wiederöffnungsparty nach der
halbjährigen Schließung kann leider nicht durchgeführt werden. Die Kernsanierung des beim Brand im Sommer beschädigten Backstage Bereiches ist noch nicht abgeschlossen,
außerdem funktionieren die Heizungen seit Wochen nicht und der Strom im Haus fällt immer wieder aus. Auch ob das seit Jahrzehnten durchgeführte traditionelle „Weihnachten im AJH“ stattfinden kann, ist noch offen. Was aber angekündigt werden kann: Es wird große Bemühungen geben, dass es im Sommer wieder ein großes AJH Festival geben wird.
Damit war der vorbereitete Informationsteil vorbei. In einer 15-minütigen Pause konnten sich die Besucher mit Getränken und Kuchen versorgen und die vorbereiteten Pinnwände mit Informationen über 40 Jahre AJH betrachten. Ein zentraler Teil waren ausgedruckte
Kommentare, die unter einer Petition für das AJH hinterlassen wurden. In über 70
ausgewählten Kommentaren wurde eindrucksvoll sichtbar, wie prägend das AJH für viele
Personen war und welchen Rückhalt es in der Gesellschaft genießt.
Link: https://www.openpetition.de/petition/online/selbstverwaltete-jugendarbeit-in-bargteheide-muss-unterstuetzt-werden

Die anschließende Fragerunde war gefüllt mit viel Zuspruch für das Jugendhaus. Die
Bürgermeisterin stellte ihre Sichtweise der Situation dar. Zentrale Punkte waren, dass die
Kameras doch nicht, wie von ihr in der Zeitung erzählt, dieses Jahr kommen und dass sie,
sobald sie genaue Pläne hat, sich mit den Jugendlichen zusammensetzen und diese
besprechen möchte.
Auf diesen Redebeitrag gab es viele kritische Nachfragen aus dem Publikum an sie. Sie
stellte klar, dass sie als Chefin der Verwaltung nur den Beschluss der Politik umsetzen kann und die Verantwortung bei der Politik sieht. Dass die Kritik über die geplante
Kameraüberwachung des Publikums dann hauptsächlich an die Bürgermeisterin gerichtet
wurde und nicht an den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern, die ebenfalls im Raum waren, ist eine Sache, die wir bedauern.
Die Veranstaltung endete gegen 20:45 Uhr mit tosendem Applaus, Standing Ovations und
„Kein Tag Ohne“-Sprechchören Für uns ist dieser Abend sehr gelungen abgelaufen. Wir konnten Bürgerinnen und Lokalpolitikerinnen darüber aufklären, was das AJH ist, wie es funktioniert, welche lange Geschichte es hat, wie wir die Angriffe der letzten Jahre wahrnehmen und was unsere Zukunftspläne sind. Zwischen den Redebeiträgen gab es langen Applaus und auch nach der Veranstaltung viel positives Feedback an die aktiven Jugendlichen.
Dass die Veranstaltung von Jugendlichen selbst geplant und durchgeführt wurde, ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie selbstverwaltete Jugendarbeit auch unter sehr schwierigen
Bedingungen hervorragend funktionieren kann.
Kein Tag Ohne!

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