Lebensrealitäten akzeptieren lernen

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Helmut Schmidt ist im stolzen Alter von 96 Jahren friedlich im eigenen Haus eingeschlafen. Ein Tod, den sich viele so wünschen, der in diesem hohen Alter erwartet und akzeptiert wird und auf ein erfülltes wertschätzendes Leben zurückblicken lässt.

Helmut Schmidt (1918 - 2015)
Das ist leider nicht immer so. Andere Menschen werden plötzlich aus dem Leben gerissen, sterben unter Qualen und die Angehörigen müssen diesen schmerzlichen Verlust verarbeiten. Warum jetzt? Warum mein Kind? Warum mein Partner? Kann ich je wieder glücklich sein, sind die Fragen, die dann das Tagesgeschehen bestimmen.
Egal wann und wo: Der Verlust eines geliebten Menschen ist für jeden Angehörigen ein schmerzhaftes Ereignis. Er fühlt sich allein gelassen, manchmal auch schuldig. Lachen, Freude und Lebenslust scheinen unerreichbar weit weg gerückt.
Helmut Schmidt überzeugte immer durch die Klarheit seines Urteils und durch seine analytische Schärfe. Dabei hat er es neben seiner analytischen Betrachtung der Dinge verstanden, seine Gefühle für sich zu respektieren. Das bedeutet für Schicksalsschläge und Verlustverarbeitung, die Realität des Geschehens zu akzeptieren und nicht in Visionen eines weiteren Miteinanders oder gar ewigen Lebens zu verfallen. „Wer Visionen habe, solle zum Arzt gehen,“ ist eines seiner bekannten Zitate. Er hat den Lauf des Lebens akzeptiert und damit auch den Tod angenommen. Realität sind das Sterben und auch die damit verbundenen Gefühle. Gefühlsbetonte gut gemeinte Empfehlungen wie „du musst vergessen“ oder „du hast genug getrauert“ sind wie die vielen Fragen nach dem „Warum“ keine Hilfe. Es sind visionäre Gedanken, die zu nichts führen.
Helmut Schmidt war ein Mann der Tat, ein Pragmatiker, der durch seine Verknüpfung von Erfahrung mit theoretischem Wissen, Orientierung geben konnte, Urteile fällte und konsequent handelte.
Machen Sie es wie Helmut Schmidt, bauen Sie auf Ihre Erfahrungen. Die Trauer macht Sie auf das aufmerksam, was Ihnen wichtig war und ist! Erinnern Sie die schönen Momente, gemeinsame Erlebnisse mit Verstorbenen und wertschätzen Sie, was Sie dadurch für Ihr Leben gelernt haben. Im Positiven oder auch als schlechtes Beispiel finden Sie so Orientierung die Sie als Geschenk des Verstorbenen für das eigene Leben annehmen und umsetzen können. Helmut Schmidt hat pragmatisches Handeln trotz aller Fehlerhaftigkeit für sich angenommen und sich so von einem ziellosen oder gar perspektivlosen Leben distanziert.
Psychologisch betrachtet ist der Trauerprozess die Neuordnung der sozialen Beziehungen, zuerst in unseren Köpfen und dann in der Realität. Menschen trauern, weil Verstorbene in der geistigen Vorstellung weiter bestehen. Das ist gut so und auch für uns bleibt die Erinnerung an Helmut Schmidt als Geschenk erhalten. Sie können Ihn vor Ihrem inneren Auge sehen, ihn als Vorbild in ihr Trauerpanorama integrieren und sich durch ihn sowie andere unterstützt fühlen.
Der Autor: Dr. Klaus Witt ist Psychologischer Psychotherapeut in Bargteheide und koordinierte 2009-2011 das EU-Projektes „Dying & Death in Europe“. Unterstützung zur Verlustverarbeitung finden Sie in dem Buch: „Aus der Trauer ins Leben“(ISBN 978-3-941903-06-7) oder einem Seminar am 26.-27.2.2016 http://www.ecp-akademie.de/education—bildung/fortbildungs-module/aus-der-trauer-ins-leben/

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