Dem Kreis Stormarn in Kiel mehr Gehör verschaffen
„Die Entwicklungsbesonderheiten des Kreises Stormarn im Hamburger Umland finden in der Kieler Sichtweise zu wenig Beachtung“, so brachte es Landrat Dr. Henning Görtz auf den Punkt. Im anschließenden Gedankenaustausch mit den CDU Landtagsabgeordneten Tobias Koch und Rainer Wiegard sowie den Kandidaten für die Wahlkreise Stormarn Nord, Claus Christian Claussen, und Stormarn-Süd, Lukas Kilian, standen insbesondere die Themen Wohnungsbau, Verkehrssituation und Schulbegleitung im Mittelpunkt.
Hinsichtlich der Wohnungssituation brachte Dr. Görtz zum Ausdruck, dass nach dem jüngsten Demographiegutachten im Kreis Stormarn rund 15.000 Wohnungen in den nächsten 15 Jahren benötigt würden. Eine Ursache für das zu geringe Angebot und dadurch bedingte Mietpreissteigerungen besteht nach Auffassung der CDU-Abgeordneten in der Politik der Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW. Diese habe es in der laufenden Wahlperiode versäumt, eine Fortschreibung der noch aus den 90er Jahren stammenden Regionalplanung vorzunehmen.
„Vier Jahre lang ist überhaupt nichts passiert. Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl wird jetzt öffentlichkeitswirksam ein Grünbuch zur Landesentwicklungsstrategie präsentiert. So wird es noch einmal vier bis fünf Jahre dauern, bis endlich neue Regionalpläne vorliegen“, kritisierte der Ahrensburger CDU-Abgeordnete Tobias Koch.
Die Folge der veralteten Regionalpläne sei, dass die Entwicklungsmöglichkeiten vieler Gemeinden stark eingeschränkt seien und kein neues Bauland mehr ausgewiesen werden könne. Landrat Dr. Görtz sprach sich deshalb für mehr Flexibilität bei den Planungsgrundlagen aus, z.B. durch eine zeitlich begrenzte Aussetzung der vorgeschriebenen prozentualen Entwicklungskorridore. Es sei mehr Spielraum erforderlich, damit bis zur Fortschreibung der Regionalpläne kein Stillstand eintrete.
Auf ein weiteres Hemmnis bei der Ausweisung von Bauland machte Lukas Kilian aufmerksam. Viele Gemeinden würden sich nämlich mittlerweise bei der Ausweisung von neuen Baugebieten aus Sorge vor den anschließend für die Kommune anfallenden Kinderbetreuungskosten zurückhalten.
„Der 100 Euro Gutschein der Landesregierung für die Eltern von Kindern, die in einer Krippe betreut werden, ist deshalb der vollkommen falsche Weg“, urteilte Kilian. „Die Landesregierung sollte das Geld lieber dafür verwenden, um ihren Anteil an den Betriebskosten der Kitas zu erhöhen, um auf diesem Weg Eltern und Kommunen gleichermaßen zu entlasten“, so Kilian.
Die Stormarner Entwicklungsmöglichkeiten würden aber nicht nur beim Wohnungsbau sondern auch bei der Ansiedlung von Betrieben und der Schaffung von Arbeitsplätzen durch fehlende Planungen und falsche Weichenstellungen der Kieler Landesregierung beeinträchtigt. Beispielhaft hierfür sei die Verkehrssituation an der vollkommen überlasteten Autobahnabfahrt Ahrensburg/ Großhansdorf.
Allein mit veränderten Ampelschaltungen und verlängerten Abbiegespuren sei das Problem nach Auffassung aller Gesprächteilnehmer nicht mehr in Griff zu bekommen. Wirkliche Abhilfe könne nur durch ein neues Brückenbauwerk erfolgen, welches eine vierspurige Querung der A1 ermögliche.
„Die Landesregierung darf an dieser Stelle nicht länger an ihrem Grundsatz festhalten, ausschließlich auf Sanierungen bestehender Verkehrsinfrastruktur zu setzen und jeglichen Neubau auszuschließen“, forderte Claus Christian Claussen. „Daran stur festzuhalten, ist ein falsches ideologische Dogma, welches die Realitäten nicht erkennt und an den Bedürfnissen der Menschen vorbei geht“
Während sich also bei Wohnungsbau und Verkehrssituation der Blick nach Kiel richtet, steht der Kreis Stormarn beim Thema Schulbegleitung selbst in der Kritik. Einigkeit bestand zwischen den Gesprächspartnern darüber, dass die rechtlichen Streitigkeiten zwischen Landesregierung und Kreis nicht zu Lasten der betroffenen Kinder gehen dürften.
Nach Auffassung der CDU-Abgeordneten liegt die tiefere Ursache für diese Konfliktsituation jedoch auch in diesem Fall in einer Entscheidung der Landesregierung begründet, nämlich derjenigen zur Einführung von Schulassistenten.
„Die Einführung von Schulassistenten ist ein weiteres Beispiel von gut gemeint und schlecht gemacht“, so Bargteheides Landtagsabgeordneter Rainer Wiegard. „Mit der Einführung von Schulassistenten hat die Landesregierung eine teure Parallelstruktur geschaffen, die zwangsläufig zu Schnittstellenproblemen mit der Schulbegleitung der Kreise führt.“
Im Vergleich zur Schulbegleitung hätten die Schulassistenten ein ganz anderes Aufgabenprofil. Der pädagogische Kernbereich bei inklusiver Beschuldung könne durch die Schulassistenten überhaupt nicht abgedeckt werden. Erst Recht sei dies nicht durch nur einen Schulassistenten pro Schule möglich.
Landrat Dr. Görz wies darauf hin, dass das gegen den Kreis Stormarn ergangene Gerichtsurteil keine Entscheidung in der Sache sei, sondern lediglich eine vorläufige Weiterzahlung bewirkt hätte. Aus seiner Sicht müssten deshalb die Gespräche zwischen Kreis und Land zügig zum Abschluss gebracht werden, damit die Unklarheiten zum Beginn des 2. Schulhalbjahres ausgeräumt seien.
„In Interesse der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen wünsche ich mir eine Lösung aus einer Hand, anstelle eines Kompetenz-Wirrwarrs zwischen Schulbegleitung und Schulassistenz“, so Dr. Hennig Görtz.
Das Fazit ihres Besuchs fassten die CDU-Abgeordneten und -kandidaten wie folgt zusammen: „Wenn Schleswig-Holstein der echte Norden ist, dann sind wir der starke Süden des echten Nordens! Die Belange der schleswig-holsteinischen Landkreise in der Metropolregion Hamburg müssen in Kiel mehr Gehör finden.“