Vor über 160 Besuchern berichtete der Archäologe und Archäotechniker Kai de Graaf im Rahmen der Vortragsserie über das Ahrensburger Tunneltal. Eine wichtige Aussage kam gleich zur Begrüßung und nochmals am Schluss bei den Gesprächsrunden nach dem Vortrag: „Ahrensburg kann stolz auf seine Funde sein“. Der weltweit unangetastete Erstnachweis für die Nutzung von Pfeil und Bogen in der Menschheitsgeschichte wurde im Ahrensburger Tunneltal durch die Bergung von 100 Pfeilen erbracht. Über 30.000 archäologisch bedeutsame Objekte wurden in kurzer Zeit von dem Ahrensburger Autodidakten Alfred Rust gehoben. Leider konnten die geborgenen Pfeile zur damaligen Zeit nicht konserviert werden, aber es sind sehr detaillierte Zeichnungen erhalten. Diese Pfeile waren hochentwickelte Waffen für die Jagd auf die Rentiere während der Zeit der Ahrensburger Stufe. Die damaligen Rentierjäger sparten Material und betrieben aktives „Recycling“, indem die Pfeilschäfte von Tieren die nicht getötet wurden, von den Pfeilspitzen abfielen. Die Jäger konnten diese wieder einsammeln und mussten nur die Spitzen wieder neu einsetzen. Der Experimental-Archäologe de Graaf berichtete von dem Leben eines Eiszeitjägers und welche Überlebensstrategien damals angewandt wurden. Ein Wanderleben zwischen den ertragreichen Orten erklärt, warum im Tunneltal und Stellmoor nur einzelne Knochen von Pferden gefunden wurden. Diese Pferdenahrung wurde vermutlich in der Sommerzeit konserviert und dann beim Wandern zur Rentierjagd verzehrt. Es lebte sich in der Eiszeit begründet durch das appetitliche Nahrungsangebot wie Rentieren, Lachsen, Pferden (Pferde gab es nur im Süden!) und manch anderen Säugetieren in Ahrensburg gar nicht so schlecht. Auch wurden die Zelte sicher nicht zu nahe am Gletscher aufgestellt. Ein Halbnomadentum war aber aufgrund der Wanderung der Tiere unabdingbar.
Die Besonderheit des Ahrensburger Tunneltals resultiert aus zwei Faktoren. Zum einen konserviert der Feuchtboden im Tunneltal Knochen, Holz, Kohle und Leder hervorragend. Zum anderen muss hier über mindestens ein Jahrtausend ein sehr ertragreiches Jagdgebiet gewesen sein. Dies bestätigte bereits schon vor einem Jahr Ingo Clausen vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein durch seine Probebohrungen im Hinblick auf den Ausbau der Bahnstrecke Hamburg – Ahrensburg. Sollten hier weitere Grabungen begonnen werden, verspricht das mit hoher Sicherheit weitere Funde. Im Gegensatz zu früher, würde man aber weniger Masse, dafür exakter kartieren, wo, was in welchem Zustand gefunden wurde. Der Referent des Abends in der Stadtbücherei Ahrensburg de Graaf wäre da auf jeden Fall gerne mit dabei sein.
Die nächste gemeinsame Veranstaltung der IG-Tunneltal, der Stadtbücherei und der VHS Ahrensburg mit Dr. Thomas Kleinen, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg „Das Klima der Eiszeiten“ findet am Donnerstag, 7. März um 19 Uhr wieder in der Stadtbücherei Ahrensburg statt. Der Eintritt ist frei.