Musik und ihre Instrumente – zum hören, anfassen und begeistern
Bargteheides Grundschulkinder können sich glücklich schätzen. Auch in diesem Jahr wird das von Profimusiker Ivan Neykov entwickelte Projekt „Musik und ihre Instrumente – zum hören, anfassen und begeistern“ in allen zweiten Klassen durchgeführt. Das gemeinsame Projekt aller Bargteheider Grundschulen in Kooperation mit den Bargteheider Stadtmusikanten und dem Musischen Forum findet bereits zum vierten Mal statt. Ziel ist es, bei allen Kindern auf spielerische Weise und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Lerntypen Neugier und Begeisterung für die Musik zu wecken und zum Erlernen eines Instrumentes zu motivieren.
Wie könnte das besser gehen, als anhand einer lustigen Geschichte: Der junge Dirigent Karavan bekommt – aufgrund einer Namensverwechslung – einen Anruf vom Konzerthaus in Berlin und damit seine große Chance: Er soll die 9. Sinfonie von Beethoven dirigieren. Die Sache hat allerdings einen Haken: Er muss ein Orchester zur Aufführung mitbringen. Doch woher soll er so schnell die vielen Musiker nehmen? In seiner Verzweiflung gerät er an eine dubiose Agentur, die ihm Hilfe verspricht. Wenig später ist sein Wohnzimmer mit den seltsamsten Musikern bevölkert: Eine Horde musizierender Tiere, die sich statt für Beethoven nur für ihre nächste Mahlzeit interessiert. Logisch, dass es daher zu reichlich Konflikten kommt. Denn das Festmahl sitzt am Instrument nebenan.
Nicht alle Kinder lernen gleich
Ein besonderer Blick gilt hier den unterschiedlichen Lerntypen, denen die Kinder unterliegen. Unterschieden wird zwischen haptischen, visueller und auditiver Lerntypen. „Grundsätzlich hat jeder Mensch eine individuelle Art, zu lernen. Im Kindesalter sind die Unterschiede noch sehr gut sichtbar“, erklärt Herr Neykov, der unter anderem als Dozent an der Leuphana Universität Lüneburg tätig ist. „Später im Leben verlieren sie sich dann, weil sie natürlich nicht immer Berücksichtigung finden.“ Zudem seien Kinder in jungen Jahren noch offen für andere Musikrichtungen, als die, die sie zuhause im Radio hören, klassische Musik komme bei 7 bis 8 jährigen noch sehr gut an.
Entwickelt wurde die Methode des „Superlearnings“, die heute oft zu Erlernen von Sprachen angewandt wird, von dem Bulgarischen Psychotherapeuten Georgi Lozanov.
Lernen in vier Schritten
Um jedem Kind den Einstieg in die Welt der Musik zu erleichtern erfolgt der Unterricht in vier Schritten.
1.Schritt, visuell: Im Rahmen des Musikunterrichtes wird der Lehrbereich „Instrumentenkunde“ entweder anhand schuleigener oderspezieller Materialien und mit Sicht auf den dritten Schritt, einem geplanten Abschlusskonzert, erarbeitet. Hier kommen zum Beispiel Karten mit Bildern von Instrumenten und Tieren zum Einsatz.
2. Schritt, akustisch: In einem Abschlusskonzert, zu dem eigens die Sinfonietta Lübeck nach Bargteheide kommt, erleben die Kinder die ihnen nun gut bekannten Instrumente. Die Musiker spielen die zuvor im Unterricht gehörte „Ode an die Freude“, ein Sprecher erzählt zwischendurch die Geschichte, wobei gleichzeitig die Tiere auf der Leinwand zu sehen sind.
3. Schritt, haptisch: Instrumentallehrer des Musischen Forums Bargteheide führen unter organisatorischer Leitung der jeweiligen Musiklehrer an den Schulen das schon mehrfach erprobte Instrumentenkarussell durch. Hierbei hat jedes Kind unter Anleitung erfahrener Musiklehrkräfte die Möglichkeit, vier bis fünf der vorher im Unterricht besprochenen Instrumente aktiv auszuprobieren und eigene Erfahrung im Musizieren mit diesem Instrument zu machen.
4. Schritt: Das Liveerlebnis mit der Sinfonietta Lübeck
Die Gesamtkosten schätzt Ivan Neykov auf rund 4600 Euro. Wie in jedem Jahr gibt es finanzielle Unterstützung. Seit 2016 bezuschusst z. B. die Sparkasse Holstein das Projekt als Hauptsponsor mit 1600,- Euro.
Alle Beteiligten wünschen sich eine Fortführung des Projektes über mehrere Jahre, so dass es zur festen Institution in Bargteheide wird. Dabei wird es jedes Jahr reflektiert und die Abläufe und Materialien angepasst und verbessert. Durch einen höheren Bekanntheitsgrad wird erwartet, dass die Akzeptanz bei den Eltern stetig steigt. „Wenn die Kinder aus dem Unterricht kommen und vielleicht zum ersten Mal ein Instrument in den Händen gehalten haben, strahlen sie“, sagt Stefanie Steinbuck begeistert. Allein das sei es wert weiterzumachen. Ihre Kollegin, Svea Gemkow-Schneider, von der Emil-Nolde-Schule ergänzt:“ Im letzten Jahr haben nach dem Konzert drei von meinen 27 Schülern angefangen, ein Instrument zu lernen. Alle sind auch heute noch dabei.“
Natürlich hat das Ganze auch einen wissenschaftlichen Hintergrund: Beim Musizieren oder anderer kreativer Arbeit wird rechte Gehirnhälfte aktiviert, linke und rechte Hälften werden miteinander verbunden. Dadurch fällt im späteren Leben auch das Lernen aller anderen Fähigkeiten leichter.
In diesem Jahr gibt es zum Programm eine brandneue App, die Ivan Neykov selbst konzipiert hat. Es gibt Buttons für jedes Instrument, die dann allein oder in beliebiger Kombination miteinander gehört werden können, bis hin zum ganzen Orchester.
Ivan Neykov, der als Profimusiker selbst in verschiedenen Orchestern spielt und beim Musischen Forum Geigenunterricht gibt, ist von der Arbeit mit den Kindern begeistert: „Das Tollste ist natürlich, wenn sich ein Kind während des Projektes entschließt, selbst ein Instrument zu lernen. Aber auch sonst ist der Kontakt mit der klassischen Musik auf jeden Fall ein Gewinn.“ Und die Botschaft des Stückes „Alle Tiere werden Brüder“ ist allemal aktuell.