Einblicke in ein schwieriges Künstlerleben

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Das Kreisarchiv Stormarn hat einen wichtigen Teil aus dem Nachlass des Bildhauers und Keramikers Richard Kuöhl erwerben können, der lange Zeit in Kupfermühle gelebt und gearbeitet hat. Urkunden, Schriftstücke und Fotos erlauben bisher unbekannte Einblicke in die Biografie des umstrittenen Künstlers.

Kuöhl, Richard: Rohlfshagen/Kupfermühle
im Garten seines Hauses „Schäferkate“ anlässlich seines 80. Geburtstages mit einer Vogel-Keramikplastik in der Hand, 1960

Bad Oldesloe. Dem Bildhauer Richard Kuöhl (1880 – 1961) begegnet man in Bad Oldesloe auf Schritt und Tritt: Von ihm stammen der Gänselieslbrunnen vor dem Rathaus, die Figur des Jünglings vor der Stormarnhalle oder die Trauernde auf dem Alten Friedhof. Auch der Keramik-Schmuck am U-Bahnhof Ahrensburg-Ost ist von Kuöhl. Mit Stormarn war er eng verbunden –Kuöhl hatte 1931 die Schäferkate in Kupfermühle als Sommersitz erworben, und hier wohnte und arbeitete er ab 1943, nachdem sein Hamburger Atelier zerbombt worden war. Zudem betrieb er eine Werkstatt im ehemaligen Gericht der Kreisstadt.

Neben den ästhetischen Skulpturen hat Kuöhl aber auch im Auftrag der Nationalsozialisten gearbeitet. So stammt von ihm das 76er-Denkmal am Dammtor, das 1936 eingeweiht wurde und als kriegsverherrlichend gilt. Das macht den Künstler zu einer umstrittenen Figur, dem nach Kriegsende seine Arbeit für nationalsozialistische Auftraggeber vorgeworfen wurde – so hatte er unter anderem nationalsozialistische Hoheitszeichen entworfen. Am Dammtor führte das dazu, dass zu Kuöhls 76er-Denkmal 1985 ein Gegendenkmal von Alfred Hrdlicka errichtet wurde.

Neue Erkenntnisse über Kuöhl

„Wir erhoffen uns aus den Dokumenten neue Erkenntnisse über Richard Kuöhl“, erklärt Kreisarchivar Stefan Watzlawzik. „Aufgrund der ausführlichen Unterlagen kann sich bald jeder selber ein Bild von dem Künstler machen.“ Denn nachdem der Nachlass in den nächsten Monaten erschlossen wird, soll er digitalisiert und online zugänglich gemacht werden. Damit könne Kuöhls gesamte Biografie von der Geburt bis zum Tod nachgezeichnet werden. Watzlawzik erwartet auch Erkenntnisse zu der Zeit der Anfeindungen, die Kuöhl nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte.

Noch lagert der Archivschatz in zwei Kisten und einem Köfferchen, in denen sich neben der Geburtsurkunde und weiteren offiziellen Dokumenten auch Briefe und Aufträge an Kuöhl befinden, Entwurfszeichnungen für seine Arbeiten und viele Fotoalben, die den Künstler bei der Arbeit zeigen. „Auf einem Foto ist dokumentiert, wie Kuöhl die „Trauernde“ bearbeitet“, erklärt Watzlawzik. „Das Ganze muss jetzt im Rahmen eines Praktikums oder als Auftragsarbeit erschlossen werden.“ Der Kreisarchivar hofft auch auf Stiftungen oder Spender, die das Projekt unterstützen wollen.

Mit der Erschließung kommt eine spannende Aufgabe auf den Verantwortlichen zu, denn Kuöhl war ein bekannter Mann. Vor allem seine Zusammenarbeit mit dem Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher bot ihm bei der Gestaltung zahlreicher öffentlicher Bauten und Plätze eine Plattform für sein künstlerisches Arbeiten, die bis heute sichtbar ist. Die Finanzbehörde am Gänsemarkt, die Davidwache auf der Reeperbahn, das Krematorium auf dem Ohlsdorfer Friedhof oder Chilehaus und Hummelbrunnen tragen in Form von Baukeramiken seine Handschrift. Auch in Bremen sind Werke von Kuöhl erhalten, der ursprünglich aus Meißen stammt.

Kreisarchivar Stefan Watzlawzik zeigt Fotoalbum aus dem Nachlass von Richard Kuöhl, 2020

Sammlung im Museum Hoisdorf

Im Stormarn-Lexikon (www.stormarnlexikon.de) erscheint jetzt ein Artikel zu Richard Kuöhl, in dem es unter anderem heißt, dass Kuöhl 1905 und 1906 auch Spielzeugtiere entwarf, die von Dresdner und Meißener Kunsthandwerkerstätten ausgeführt wurden. Tierfiguren von Richard Kuöhl kann man neben rund 40 weiteren Exponaten auch im Stormarnschen Dorfmuseum in Hoisdorf besichtigen. Sie stammen großteils aus dem Nachlass von Kuöhls Tochter, die in Hoisdorf gelebt hat. Andere Kleinfiguren sind von der Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn als Dauerleihgabe ins Museum gekommen, darunter ein Hase und ein Springbock aus Bronze.

Ein Privatsammler hat dem Kreisarchiv auch den umfangreichen Nachlass Kuöhls angeboten, und Watzlawzik griff sofort zu. „Dass man eine so komplette Sammlung bekommt, ist äußerst selten“, erklärt er. Oft würden Sammlungen bekannter Persönlichkeiten aufgelöst und die Stücke einzeln verkauft.

Der Kreisarchivar überlegt schon über die zukünftige Nutzung. „Mit der Sammlung hat jeder die Möglichkeit, seine umstrittene Person selbst beurteilen zu können.“ Denkbar sind beispielsweise auch Schulprojekte, bei denen die Schüler auf Spurensuche geschickt würden, um anhand der Unterlagen den Künstler und seine Wirkung auf das Stadtbild bis heute zu erarbeiten.

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