Betreff: Lückenlose Aufklärung
Guten Tag Herr Westerworth,
ich habe in den Medien gelesen, dass sie sich für eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge um die Baumfällung An der Lohe / Südring einsetzen.
Da haben wir absoluten Gleichklang, was ich hervorragend finde. Möglicherweise kann ich als relativ neues Mitglied in einer Stadtvertretung von Ihnen ja auch noch etwas lernen. Ich habe nämlich nach den umfassenden Ausführungen der unmittelbar mit dem Vorgang beschäftigten Mitarbeiterinnen der Stadt, Frau Malzkorn und Frau Lenz sowie der Bürgermeisterin vom 09. bzw. 17. Februar 2021 keine Lücken mehr gefunden, die es meines Erachtens wissenstechnisch zu füllen gäbe. Wenn mir aber etwas verborgen geblieben ist, wäre ich für Ihre Unterstützung dankbar.
Ich für meinen Teil habe gelernt, dass sich der Bauhof im Jahre 2017 zum ersten Mal mit dem Areal beschäftigt hat, und im Jahr 2019 eine Konkretisierung der Arbeiten für die „Saison“ 2020/2021 beschlossen hat. Diese sehr glaubhaften Darlegungen haben bei mir Zweifel über einen möglichen Zusammenhang zum Projekt urban gardening beseitigt. Was also bleibt?
Insofern halte ich es für extrem hilfreich, wenn Sie darlegen, welche Informationen oder Erkenntnisse Ihnen noch fehlen, damit die bei Ihnen, Ihren eigenen Ausführungen zu Folge, noch vorhandenen Wissenslücken geschlossen werden können. In der nächsten Sitzung des Hauptausschusses werden wir eine umfangreiche Tagesordnung abzuarbeiten haben. Daher ist jede Konkretisierung von Fragen hilfreich, damit wir uns nicht in nebulösen Aufklärungsdebatten verlieren und Zeit dafür verbraucht wird.
Die Frage nach Haftung und möglichen disziplinarischen Konsequenzen stellt sich ohnehin nicht im Hauptausschuss. Dies regelt das Dienstrecht sowie die GO SH und diese ist bemerkenswert deutlich, so dass sich diese Themen völlig der Diskussion im Hauptausschuss entziehen.
Zur Erläuterung: §45b, Ziffer 5: Der Hauptausschuss ist Dienstvorgesetzter der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters; er hat keine Disziplinarbefugnis.
Und in den Kommentaren ist zu lesen: Der Hauptausschuss hat gegenüber der Bürgermeisterin nicht die Eigenschaft eines Vorgesetzten (Anmerkung von mir und gegenüber den angestellten Mitarbeiterin ohnehin nicht) so dass keine fachlichen Weisungen…erteilt werden können. Sofern Ansprüche gegenüber der Bürgermeisterin oder ein Beschluss zur Amtsführung des verwaltungsleitenden Organs geltend gemacht werden soll, ist hierfür die Gemeindevertretung zuständig. Dienstvorgesetze im Sinne des Disziplinarrechts ist nach § 47, Satz 2 des Landesdisziplinargesetztes die Kommunalaufsichtsbehörde.
Sofern also kein Katalog unbeantworteter Fragen und/oder Vorgänge vorgelegt wird, können wir uns das Thema sparen und die Zeit auf wichtige Fragen lenken, die zur Beschlussfassung anstehen.
Bitte verstehen sie diese Nachricht nicht falsch. Mir ist lediglich an einer effizienten Gremienarbeit gelegen und ich denke dabei auch im Geist der Worte von Herrn Steinbuck zu sprechen, die ich im MARKT von Samstag, 20. Februar 2021 mit Freude gelesen habe.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Klaus Mairhöfer • Stadtvertreter
Sehr geehrter Herr Mairhöfer,
entgegen Ihrer Darstellung hat es nie einen politischen Beschluss gegeben, den Wald auf dem Grundstück am Südring zu fällen, weder in 2017 oder 2019 noch jetzt. Der erfolgte Kahlschlag wäre nur durch eine vorherige Waldumwandlung auf Beschluss der Stadtvertretung und nach Einverständnis der Forstbehörde zu legitimieren gewesen. Einen solchen Beschluss hätte es mit Sicherheit nie gegeben. Dies erklärt dann auch das klammheimliche Vorgehen der verantwortlichen Verwaltungsmitarbeiterinnen, die offenbar entschlossen waren, das Stadtgärtnern auf genau diesem Areal umzusetzen. Sie haben Fakten geschaffen, bevor irgend ein Gremium informiert wurde. Die Projektgruppe und die Verwaltungskräfte, die den Plan entwickelt haben, waren aber dazu in keiner Weise legitimiert.
Bis zur Fällung waren die Stadtvertretung und die Naturschutzbehörden lediglich über „Pflegemaßnahmen“ und eine „Läuterung“ informiert worden. Die Läuterung gibt es jedoch nur bei Jungwald, nicht aber nach 34 Jahren Wachstum.
Der falsch und irreführend benutzte Begriff hat offenbar dazu geführt, dass die derart desinformierte Naturschutzbehörde nicht interveniert hat. Hätte die Verwaltung den zutreffenden Begriff „Rodung“ aus der Anmeldung zum Wettbewerb „Stadtgärtnern“ verwendet, wäre der Schaden vielleicht vermieden worden. So wußte niemand, worum es ging, weder die Politiker noch die Aufsichtsbehörden. Aber eben diese Rodung war nachweislich von Anfang an geplant. Das Anlegen eines Gartens auf der Fläche ist sonst nicht möglich.
Dass exakt die vorgesehenen 750 qm für das Gemüsebeet kahlgeschlagen wurden – und die angrenzenden Nutzflächen ebenso – beweist die Absicht und den Zusammenhang mit dem Projekt Stadtgärtnern. Alle anderen Behauptungen und Ausreden sind von den zuständigen Naturschutzbehörden widerlegt worden. Die Unterlagen liegen Ihnen vor. Das angedrohte Ordnungsgeld von bis zu 50.000 € wird nur bei schuldhaften und gravierenden Verstößen verhängt. Darum geht es hier.
Dass bisher nur eine einzige beteiligte Mitarbeiterin, die als letzte in der Entscheidungskette die Anweisungen umgesetzt hat, die Schuld eingestanden und ihr Bedauern geäußert hat, ist das Problem. Hier fehlt bei den wirklich Verantwortlichen der Mut zur Offenlegung aller Fakten, auch der mündlichen Anweisungen bezüglich der offenkundig angeordneten „Sprachregung“. Solange das nicht geklärt ist, kann die Sache nicht zu den Akten gelegt werden. Das Vertrauen wurde – erneut – massiv beschädigt.
Der Hauptausschuss wird sich darum kümmern müssen, weil ein solches Verwaltungshandeln unter Umgehung aller Zuständigkeiten und ohne Offenlegung aller Umstände völlig inakzeptabel ist.
Norbert Muras