Bargteheide Zero: die überparteiliche Initiative für rascheren Klimaschutz

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Bargteheide – Deutschland strebt jetzt eine Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 an. Dieses Ziel hat die Bundesregierung ausgerufen. Das ist viel zu spät, um die Erderwärmung noch auf maximal 1,5 Grad Celsius bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu begrenzen, findet die Initiative Bargteheide Zero. Sie möchte das Ziel bereits bis zum Jahr 2035 erreichen – die Klimaneutralität für Bargteheide.

Nach der jüngsten Prognose des Weltklimarats wird die Durchschnittstemperatur bereits zu Beginn des nächsten Jahrzehnts um 1,5° höher sein. Deshalb dränge die Zeit, wie immer mehr Indikatoren klar zeigten, so die neue Ortsgruppe. Sie hat sich zusammengefunden, um das Ziel bis 2035 und damit früher für die Stadt und das Umland zu erreichen.

v.-l. Tom Mac Arthur, Elke Stachmann, Britta-Kohl-Boas, Sarah-Zarin und Claudia-Goldmann

„Die derzeitige Klimapolitik der Bundesregierung bürdet den kommenden Generationen eine erhebliche Last im Kampf gegen die Klimakrise auf“, sagt Tom Mac Arthur, Mitinitiator der Gruppe Bargteheide Zero. Für German Zero hätten viele Experten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und der Wirtschaft realistische und praxistaugliche Vorschläge entwickelt, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch einzuhalten.

Mac Arthur vermisst eine konsequente Strategie, um das 1,5 Gradziel zur Begrenzung der Erderwärmung noch zu erreichen. „Wir dürfen keine Zeit mehr zu verlieren“, sagt er. Denn der Klimawandel zeige sich schon heute sehr deutlich in Hitzewellen, Dürren, Starkregen- oder Sturmereignissen. Und die Gefahr der so genannten Kipp-Punkte fürs Klima sei noch unterschätzt, nach denen sich die Verhältnisse unwiederbringlich verändern und dabei meist verschlechtern können. „Die Folgekosten durch den Klimawandel werden wesentlich höher ausfallen als die Kosten für schnellere Maßnahmen“, sagt Mac Arthur.

Bereits im Jahr 2012 wurde ein Gutachten für ein Bargteheider Klimaschutzkonzept erstellt.  „Erst 2019 wurde dann ein Klima-Aktionsplan verabschiedet, der nicht einmal verpflichtende Maßnahmen vorsieht“, kritisiert Mac Arthur. Die Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad bedürfe einer konsequenten Strategie sowie eines umfassenden Bündels von Maßnahmen des Gesetzgebers. Beides sei bislang nicht in Sicht.

Zehn Maßnahmen sind dann 2020 vorgestellt worden. „Vier davon hatten keine messbaren CO2-Reduktionen zur Folge“, so Mac Arthur, „die 6 restlichen haben – sofern realisiert – nur ein Einsparpotential in Höhe von 1172 Tonnen CO2 pro Jahr.“ DAs ist viel zu wenig, denn schon im Jahr 2010 sind Emissionen in einer Höhe von 67.640 Tonnen CO2 in der Stadt freigesetzt worden. Durch mehr Verkehr und mehr Bewohner emittiert Bargteheide aktuell sogar noch mehr CO2 als vor dem Klimaaktionsplan.

„Wir sind völlig unabhängig von politischen Parteien oder von anderen Aktionsgruppen“, betont Britta Kohl-Boas. „Wir müssen wieder in Kreisläufen denken und wirtschaften. Nur damit lassen sich die Energie- und Abfallprobleme lösen“, sagt Landschaftsarchitektin Elke Stachmann. Und Umweltpädagogin Sarah Zarin möchte sich besonders für die Zukunft der Kinder in Bargteheide einsetzen.

„Wir sind die letzte Generation, die die Klimakrise noch eindämmen kann“, sagt Claudia Goldmann. Das müsse bei jeder kommunalen Entscheidung berücksichtigt werden, so die Rechtsassistentin. Wie ihre Mitstreiter fordert sie die dezentrale Versorgung komplett mit erneuerbaren Energien, einen ökologischen Umbau des Bau- und Verkehrssektors sowie der Landwirtschaft. Für die Bevölkerung müssten Anreize geschaffen werden, um nachhaltiger zu leben. Deshalb plant die Initiative Aufklärungsarbeit in allen Klimafragen.

Nach den Sommerferien möchte die Initiative beginnen, Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln. Dafür werden die Unterschriften von neun Prozent aller Wahlberechtigten benötigt, das wären etwa 1100 Bürger in Bargteheide. Ein späterer Schritt könnte ein Bürgerentscheid werden. Falls sich dabei eine Mehrheit ergibt, gäbe es einen massiven Handlungsdruck auf die Politik und Verwaltung.

Mehr Informationen gibt es auf der Webseite www.bargteheidezero.de, Kontakt über tom@bargteheidezero.de.

 

Kommentar

Was lange nur wissenschaftlich diskutiert und von der großen Mehrheit der Forscher geteilt wurde, wird jetzt auch einem großen Teil der Allgemeinheit klar. Nur ein paar verirrte AfD-Geister leugnen den Klimawandel noch. Die Erderwärmung beträgt schon 1,2 Grad und selbst bei starken Anstrengungen zum Klimaschutz wird das 1,5 Grad-Ziel zum Ende dieses Jahrhunderts verfehlt.

Gewaltige Brände und Überflutungen gibt es schon heute, jetzt gibt es klare Anzeichen dafür, dass der Golfstrom schwächelt oder sogar ganz zu kippen droht. Für Europa hätte das drastische Folgen, denn es würde deutlich kälter bei uns.

Auch der aktuelle Bericht des Weltklimarats zeigt, dass einige Kipp-Punkte möglicherweise bereits heute schon überschritten wurden. Dass die Gletscher besonders in Grönland und der Antarktis weiter schmelzen werden, auch wenn der Klimaschutz jetzt endlich intensiviert wird. Es steige die Wahrscheinlichkeit für Wetterextreme wie Starkregenfälle, Hitzewellen an Land und im Meer sowie besonders heftige tropische Wirbelstürme.

Schon in diesem Jahrhundert soll der Meeresspiegel um zwischen 62 Zentimeter und zwei Meter steigen, schon bisher waren es gut 20 Zentimeter über früherem Normalnull. Für Städte wie Hamburg wird es damit schon eng.

Die Folgen der Erderwärmung werden bei einem weiteren oder nur halbherzigen Aufschub weitaus teurer als die heute möglichen Maßnahmen.

So gesehen wird die Bundestagswahl auch zu einer Klimawahl. Und alle sind gefordert, ihren Lebensstil zu überdenken. Jedenfalls wenn sie ihren Kindern und Enkeln noch einen lebenswerten Planeten hinterlassen wollen.

Jens Peter Meier

2 Kommentare

  1. Das lächerliche Verbot von Plastiktrinkhalmen ist kein wirklich großer Schritt in Richtung Klimaschutz. Eher nur ein „Hüpferlein“. Wenn unsere parlamentarischen Vertreter nicht mehr zu bieten haben, dann „Prost Mahlzeit“.

    In den zehn Jahren von 2008 bis 2017 (Quelle BMU) sind gerade einmal 5% CO2 eingespart worden (in Worten: gerade einmal fünf Prozent). Wenn es so weiter geht, wird es über ein Jahrhundert dauern, bis Klimaneutralität erreicht ist. Der neueste Bericht der Weltklimarats lässt befürchten, dass wegen der Kipp-Punkte schon 2030 zu spät sein könnte.

    Klar ist es wichtig, dass sich alle am Klimaschutz beteiligen. Doch ohne politischen Willen geht es nicht. Wer z.B. auf sein Auto verzichtet, handelt sich nicht vorhandene Radwege, selten fahrende Busse oder eine unzuverlässige Bahn ein.

    Die Welt retten durch individuellen Verzicht – so läuft in letzter Zeit oft die Diskussion. Was es wirklich braucht, um Menschheitsprobleme zu lösen, sind politische Rahmenbedingungen: Weichenstellungen der Regierung, die es dem Einzelnen erleichtern, sich angemessen, also klimafreundlich zu verhalten. Und die der Wirtschaft helfen, klimafreundlich zu investieren und Innovationen voranzutreiben.

    Es ist dringend und, wenn man genau hinschaut, sogar außerordentlich dringend, dass die Bürger ihren Volksvertretern mit Nachdruck klar machen, dass ein „weiter so“ nicht funktioniert und in die Katastrophe führt.

    Ich hoffe, Bargteheide Zero bewirkt in Bargteheide genau das!

  2. Es ist gut und wichtig, dass es jetzt diese überparteiliche Initiative „Bargteheide Zero“ gibt. Schon vor 35 Jahren wurde auf dem Gebiet der „Umweltpolitik“ der Slogan geprägt: „Think globally, act locally!“ (Denke global, handle lokal!). Jede Gemeinde, jede Stadt, jeder Landkreis sollte eigene Bemühungen und Vorschläge zur Überwindung der weltweiten Klimakrise entwickeln. Aktuelle Berichte des Weltklimarats IPCC und des Weltbiodiversitätsrats IPBES zeigen die dramatischen Auswirkungen, die auf uns alle zukommen, wenn wir so weiter machen wie bisher. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir die Erderhitzung stoppen wollen.

    „Klimawandel“ ist ein viel zu harmloser, verniedlichender Begriff. Denn das Klima „wandelt“ sich nicht einfach so von alleine. Die Welt steckt vielmehr schon mitten drin in einer von Menschen gemachten fulminanten Klimakrise. Die Wissenschaft warnt schon seit dreißig Jahren vor den Folgen der Erderhitzung. Aber niemand hat auf sie gehört, insbesondere nicht die Politiker*innen, deren Aufgabe es gewesen wäre. Auf der Klimakonferenz von Paris 2015 haben sich 195 Staaten dieser Erde, auch die Bundesrepublik Deutschland, dazu verpflichtet, die Erderhitzung auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

    Seitdem sind die CO2-Emissionen kräftig angestiegen. Insgesamt blies die Menschheit 2019 etwa 36,7 Gigatonnen CO2 in die Luft, so viel wie noch nie. Und das sind nur die Treibhausgase aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe; dazu kommen ca. 5 Gigatonnen CO2 aus der Bodenzerstörung durch industrielle Agrarwirtschaft, sowie riesige Mengen Methan aus der Massentierhaltung. (Glen P. Peters et al. 2017. Towards real-time verification of CO2 emissions. Nature Climate Change, Springer Nature, Nov 13, 2017).

    Mittlerweile ist die Klimazerrüttung auch in Deutschland angekommen. Die Landwirte klagen über geringere Ernten und die Grundwasserspiegel konnten den Verlust von 2018 bis heute noch nicht wieder aufholen. Hitzewellen, Stürme, Dürren: Deutschland gehörte im Jahr 2018 erstmals zu den drei am stärksten von Extremwetter betroffenen Ländern der Welt. Demnach forderte die Hitzewelle im Jahr 2018 in Deutschland mehr als 1200 Todesopfer. Die gleichzeitig anhaltende Trockenheit verursachte Schäden in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro, hauptsächlich durch Ernteeinbußen. Laut Bauernverband gingen damals zwischen 50 und 70 Prozent der Ernte verloren, einige Bauern ernteten überhaupt nichts.

    Wenn Erderhitzung und Klimazerrüttung im bisherigen Tempo ungebremst voranschreiten, dann wird es nach übereinstimmender Meinung der meisten Klimaforscher*innen zu einem weiteren Abschmelzen des Polareises und einem Anstieg des Meerwasserspiegels um mehrere Meter kommen. Die Folge werden Überschwemmungen ganzer Landstriche sein. Küstenregionen wie die Niederlande und Niedersachsen sowie Millionenmetropolen wie Hamburg, New York, Bombay und Kalkutta werden dann unter Wasser stehen und unbewohnbar werden. Hunderte Millionen Menschen werden gezwungen sein zu flüchten und sich neue Wohnorte und Unterkünfte zu suchen. Die Weltbank erwartet, dass die Klimazerrüttung bis 2050 über 140 Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen wird, der Weltklimarat geht von bis zu 200 Millionen aus.

    Ich möchte hier kein Schreckensszenario an die Wand malen. Das sind einfach die Tatsachen und die Voraussagen der führenden Klimaforscher*innen. Niemand, auch kein/e Klimaforscher*in, kann exakt voraussagen, wie schnell diese Entwicklung voranschreiten wird. Aber es ist höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.

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