„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“- dieser Satz wurde vor 72 Jahren in der deutschen Verfassung verankert. Dem Einsatz von vier Frauen ist es maßgeblich zu verdanken, dass die Gleichstellung der Geschlechter im Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen wurde. Anlässlich ihres 125. Geburtstags am 22. September 2021 wird an die Sozialdemokratin und Juristin Dr. Elisabeth Selbert und die weiteren drei Mütter der Gleichberechtigung Helene Weber, Frieda Nadig und Helene Wessel erinnert.
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde Dr. Elisabeth Selbert für die SPD in den Parlamentarischen Rat gewählt, der die Aufgabe hatte, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland auszuarbeiten. Unter den 65 Mitgliedern war sie eine der nur vier Frauen. Bereits 1926, als sie ihr Jurastudium begann, war Elisabeth Selbert nur eine der wenigen Frauen im Hörsaal. Nachdem sie 1934 ihr zweites Staatsexamen ablegte, musste sie mit allen Mühen für Ihre Zulassung als Anwältin kämpfen, da die Nationalsozialisten versuchten, Frauen vollständig aus allen juristischen Berufen zu drängen.
Wie die Protokolle des Parlamentarischen Rats zur Erarbeitung der Verfassung beweisen, war auch die Aufnahme der Gleichstellung ein harter Kampf. Durch eine landesweite Kampagne gelang es Elisabeth Selbert jedoch, besonders die Frauen, auch in den unterschiedlichen Frauenverbänden und Gewerkschaften, zu mobilisieren und die Verankerung des „Gleichberechtigungs-Satzes“ im Mai 1949 zu erwirken.
Dr. Nina Scheer MdB – 2/2
Dr. Nina Scheer: „In der Erinnerungskultur geraten Frauen, die den Lauf der Geschichte prägten, oft in Vergessenheit, womit auch die Geschichtsschreibung verzerrt wird. Insofern ist es mir ein besonderes Anliegen, aktiv an den Geburtstag von Dr. Elisabeth Selbert zu erinnern und ihren Einsatz für die Gleichberechtigung als Bestandteil unserer Verfassung zu würdigen. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist über 70 Jahre später noch nicht erreicht. Frauen sind noch immer in Führungspositionen unterrepräsentiert, verdienen rund 18 Prozent weniger Bruttostundenlohn als Männer und im Deutschen Bundestag ist ihr Anteil mit 31 Prozent auf einem erneuten Tiefstand. Im Wahlkreis 10 stehen neben acht männlichen nur zwei weibliche Direktkandidatinnen zur Bundestagswahl, wobei die Vertreterin der AfD für eine Partei mit dem niedrigsten Frauenanteil im Bundestag steht – eine Partei, die auch programmatisch Diskriminierungen noch verschärft, statt sie zu beseitigen. Sowohl der 22. September als auch die Bundestagswahl müssen als politischer Appell für mehr Engagement zugunsten einer gleichberechtigten Gesellschaft verstanden werden – auf allen Ebenen.“