Unternehmen möchten ausbilden – jedoch kommen nicht genug Ausbildungsinteressierte bei ihnen an

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Der Ausbildungsmarkt bleibt für die Unternehmen in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg eine Herausforderung. Vor dem Hintergrund eines steigenden Fachkräftebedarfes wollen sie unvermindert junge Menschen ausbilden und melden entsprechend viele Ausbildungsstellen bei der Agentur für Arbeit. Nur nimmt die Zahl der Jugendlichen ab, die sich als Ausbildungsinteressenten melden. Auch wenn das Ausbildungsjahr längst begonnen hat, besteht dennoch die Chance, eine Lehrstelle zu bekommen. In der weiterhin laufenden Nachvermittlung versuchen alle Partner*innen des regionalen Ausbildungsbündnisses, die sich heute im Regionalen Berufsbildungszentrum Mölln zu einer Bilanz des Ausbildungsjahres 2020 / 2021 trafen, Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zusammen zu bringen.

von links:
Grit Behrens (Geschäftsführeruin Operativ Agentur für Arbeit Bad Oldesloe, Ulrich Elsweier (Geschäftsführer Jobcenter Herzogtum Lauenburg), Sebastian Grothkopp (stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung IHK zu Lübeck), Kai Aagardt (Schulleiter Berufliche Schule Bad Oldesloe), Ulrich Keller (Schullleiter BBZ Mölln), Kathleen Wieczorek (Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe), Marcus Krause (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Stormarn), Susanne Bendfeldt (Geschäftsführerin Kreishandwerkerschaft Herzogtum Lauenburg) und Katrin Thomas (Schulrätin Kreis Herzogtum Lauenburg).

Viele berufsorientierende Angebote für Jugendliche waren durch Corona-Beschränkungen nicht oder nur eingeschränkt möglich. Das haben alle Teilnehmenden der Ausbildungskonferenz zur Bilanz des Ausbildungsjahres 2020 / 2021 – dazu gehören die Handwerkskammer, die Kreishandwerkerschaften, die Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, die Schulämter der Kreise, die Beruflichen Schulen Bad Oldesloe, Ahrensburg und Mölln, die Jobcenter Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die Agentur für Arbeit Bad Oldesloe – gespürt. Kaum ausgewirkt hatte sich die Corona-Pandemie bei den Ausbildungsstellen, die der Agentur für Arbeit gemeldet wurden. Ihre Zahl blieb konstant, spürbarer waren die Auswirkungen hingegen bei den Jugendlichen. Die Zahl der Ausbildungsbewerberinnen und -bewerber ging deutlicher zurück, was sich bei den Unternehmen bemerkbar machte. Bei ihnen gingen weniger Bewerbungen ein und nicht alle Ausbildungsstellen konnten besetzt werden. So finden sich auch jetzt noch Unternehmen, die Auszubildende für das bereits begonnene Ausbildungsjahr einstellen würden.

Im Bezirk der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe, der die beiden Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg umfasst, wurden für den Ausbildungsstart 2021 insgesamt 2.626 Ausbildungsstellen gemeldet, 22 oder 0,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon entfielen 1.609 auf den Kreis Stormarn, 16 oder 1,0 Prozent weniger als 2020. Im Herzogtum Lauenburg waren es 1.017 Lehrstellen, 38 oder 3,9 Prozent mehr als zum vorjährigen Ausbildungsstart.

„Die Unternehmen halten ihr hohes Ausbildungsengagement aufrecht. Sie wissen, dass sie vor dem Hintergrund des schon bestehenden Fachkräftebedarfes und der demografischen Entwicklung junge Menschen ausbilden müssen. Umso bedauerlicher ist es, dass derzeit weniger junge Menschen den Weg in die Ausbildungsbetriebe finden“, sagt Kathleen Wieczorek, Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe. „Bei unserer Berufsberatung haben sich über beide Kreise 1.844 Ausbildungssuchende gemeldet. Das sind 221 oder 10,7 Prozent weniger als im Vorjahr und ist die niedrigste Zahl seit zehn Jahren.“ Dabei ist die duale Ausbildung der Grundstein für die berufliche Karriere, betont Wieczorek. „Der qualifizierte Berufsabschluss bietet so viele Vorteile: höhere Verdienstmöglichkeiten, einen größeren Schutz vor Arbeitslosigkeit und viele Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten wie zum Beispiel Meister- oder Technikerfortbildungen. Sie setzen in der Regel einen Berufsabschluss voraus. Dazu kommt, dass man mit dem erfolgreichen Ausbildungsabschluss auch unter bestimmten Vorrausetzungen den mittleren Schulabschluss anerkennen lassen kann. Und aktuell sind die Chancen auf einen Ausbildungsplatz so gut wie selten zuvor. Nehmt die Ausbildungsangebote wahr und nutzt eure Chance für den Berufseinstieg“, appelliert sie in Richtung der Jugendlichen.

Insbesondere im Kreis Stormarn ist die Zahl der Ausbildungsinteressent*innen zurückgegangen. Lediglich 882 haben sich in diesem Jahr als Ausbildungsbewerber*in bei der Arbeitsagentur gemeldet, 193 oder 18,0 Prozent weniger zum Vorjahr. Auch im Lauenburgischen gab es einen Rückgang. Der fiel mit 28 Bewerber*innen oder 2,8 Prozent weniger zum Vorjahr jedoch geringer aus. Insgesamt waren es hier 962 gemeldete Ausbildungsinteressierte.

Für das Handwerk im Herzogtum Lauenburg kann Susanne Bendfeldt, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft des Kreises Herzogtum Lauenburg bilanzieren: „Aufgrund der großen Ausbildungsbereitschaft der Handwerksbetriebe im Kreis und der wirksamen Öffentlichkeitsarbeit konnten viele Ausbildungsplätze besetzt werden. Stand 29. Oktober wurden im Handwerk in unserem Kreis 418 Ausbildungsverträge eingetragen, das entspricht einem Plus von 13 bzw. 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Nachfrage bei unseren Innungsbetrieben zeigte jedoch, dass nicht alle freien Stellen besetzt werden konnten. Die Kreishandwerkerschaft beteiligt sich an vielen Konzepten für die Berufsorientierung, um ihre Mitgliedsbetriebe bei der Besetzung von Praktikums- und Ausbildungsplätzen zu unterstützen“, erklärt die Geschäftsführerin. Auch im Kreis Stormarn finden sich in etlichen handwerklichen Ausbildungsberufen noch freie Ausbildungsplätze, berichtet Marcus Krause, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft im Kreis Stormarn. „Wie schon im vergangenen Jahr konnten nicht alle Ausbildungsplätze in den Handwerksbetrieben besetzt werden. Der Stand der eingetragenen Ausbildungsverträge ist mit 454 fast auf dem Niveau vom Vorjahr“, so Krause. Was aus seiner Sicht gefehlt hat, waren die Präsenzmaßnahmen und – angebote, um die Jugendlichen zu erreichen und für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Diese konnten aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht stattfinden. Beide Geschäftsführungen machen Jugendlichen Mut, die bislang keinen Ausbildungsplatz gefunden haben: „Für sie bietet das Handwerk auch jetzt noch viele Angebote für den Einstieg in eine Ausbildung!“

Weniger Ausbildungsverträge gingen auch bei der Industrie- und Handelskammer ein. „Bis Ende Oktober 2021 wurden bei der IHK zu Lübeck insgesamt 3.556 neue Ausbildungsverträge erfasst. Daraus ergibt sich im Vergleich zum Vorjahr ein nochmaliges Minus um 3,6 Prozent. Für den Kreis Stormarn sind mit 756 Ausbildungsverträgen 13 weniger als im Vorjahr registriert. Dies entspricht einem Minus von 1,7 Prozent. Im Kreis Herzogtum-Lauenburg wurden bisher 369 Verträge, 11 oder 2,9 Prozent weniger als im Vorjahr, eingetragen“, berichtet Sebastian Grothkopp, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der IHK zu Lübeck. Der Rückgang sei in erster Linie auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. „Reduzierte Kontakte, ausgefallene Ausbildungsmessen, abgesagte Praktika – Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche standen erneut vor großen Herausforderungen. Betriebe und junge Menschen fanden nicht wie gewohnt zusammen“, so Grothkopp.

Die drei Berufsschulen / Regionalen Berufsbildungszentren in Mölln, Bad Oldesloe und Ahrensburg melden zurückgehende Schülerzahlen im Bereich der dualen Berufsausbildung. „Heftig hat die Pandemie die gastgewerblichen Berufe getroffen. Am Standort kämpfen wir gemeinsam mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband um die Stabilisierung der Ausbildung“, berichtet Ulrich Keller, Schulleiter und Geschäftsführer des Berufsbildungszentrums in Mölln. „Betroffen sind aber mittlerweile auch Ausbildungsgänge, die bisher stabil waren“, ergänzt Kai Aagardt, Schulleiter der Beruflichen Schule in Bad Oldesloe. So melden alle drei Schulen zum Teil massive Rückgänge bei Neuverträgen in der kaufmännischen Berufsausbildung. „Große Sorge machen uns die jetzigen Abgänger*innen der Klassenstufe 10, die zu Beginn der Pandemie in der Klasse 8 und somit vor der Berufsorientierung standen, die pandemiebedingt nur eingeschränkt stattfinden konnte“, so Keller. Gemeinsam mit den Kammern und der Agentur für Arbeit werden große Anstrengungen unternommen, um Jugendliche, die sich zurzeit in Klassen der Ausbildungsvorbereitung Schleswig-Holstein (AVSH) befinden, in die duale Ausbildung zu überführen.

Für Jugendliche, die auf Ausbildungssuche sind, besteht weiterhin die Chance auf einen Berufseinstieg. „Es gibt immer noch Ausbildungsbetriebe, die Nachwuchs für das bereits begonnene Ausbildungsjahr suchen. Wir versuchen unvermindert, hier beide Seiten zusammen zu bringen. Wenn es realistisch ist, dass das Ausbildungsziel erreicht werden kann, können auch jetzt noch Ausbildungsverträge geschlossen werden“, erklären die Vertreterinnen und Vertreter des Handwerks wie auch der IHK und verweisen auf ihre jeweiligen Lehrstellenbörsen.

Alle Mitglieder des Ausbildungsbündnisses schauen aber auch bereits auf den Ausbildungsstart 2022: „Nachdem in der Corona-Zeit mit zwei Lockdown-Phasen keine wesentlichen Einbrüche bei den Ausbildungsangeboten zu beobachten waren, dürfen wir erwarten, dass die Unternehmen aus den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg an ihrem Ausbildungsengagement festhalten. Sie benötigen gut ausgebildete junge Fachkräfte für die Zukunft. Unser Appell an die jungen Leute: Nutzt wieder die Angebote zur Berufsorientierung und für die Ausbildungssuche.“

Termine für die Berufsberatung bekommen interessierte Schülerinnen und Schüler über die Hotline 0 45 31 – 167 154 oder sie schreiben eine E-Mail an badoldesloe.berufsberatung@arbeitsagentur.de.

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