In diesen Juni – Tagen vor 75 Jahren entgeht Sülfeld nur ganz knapp einer furchtbaren Katastrophe: ein junger schottischer Pilot bewahrt mit seinem Wagemut das Dorf vor einem folgenschweren Unglück und kommt dabei selbst ums Leben. Erst 2006 können seine sterblichen Überreste aus dem Tal der Norderbeste geborgen und mit militärischen Ehren auf dem Soldatenfriedhof in Hamburg bestattet werden.
Es ist ein herrlicher Sommertag, dieser 16. Juni 1947, der Krieg ist schon zwei Jahre vorbei, das Leben hat wieder Fahrt aufgenommen in den Dörfern; vorrangige Aufgabe ist die Nahrungssicherstellung gerade auch für die zahlreichen Flüchtlinge und so werden im rückwärtigen Teil des Friedhofes am Neuen Weg an diesem Tag die Kartoffeln gehäufelt, die Milchkühe weiden auf den saftigen Wiesen im Tal der Norderbeste und auf den Schulhöfen der Dorfschulen in Sülfeld und Tönningstedt gibt es die große Pause.
Gegen 10.00 Uhr an diesem Tag nähern sich aus Richtung Bad Oldesloe mehrere Militärflugzeuge, eines fällt dabei wegen des jaulenden Motorgeräusches auf. Wie sich später herausstellt kommen diese britischen Maschinen vom Flugplatz Lübeck – Blankensee, um an einem gemeinsamen Manöver mit britischen Heeresverbänden teilzunehmen. Westlich von Bad Oldesloe ist ein Scheinangriff geflogen worden; dabei fliegt eine Maschine durch den Abgasstrahl des Flugzeuges des Formationsführers, es kommt dabei zu einem Strömungsabriss und in der Folge fehlt der Auftrieb, die Maschine ist nicht mehr zu halten und droht jeden Moment über Schule und Kirche am Marktplatz abzustürzen. In Sekundenbruchteilen versucht der Pilot noch eine Notlandung auf den feuchten Wiesen an der Norderbeste, vergeblich: mit aufheulenden Triebwerken und einem finalen dumpfen Knall versinkt das britische Militärflugzeug auf Tönningstedter Uferseite in den sumpfigen Wiesen an der Norderbete. Die hastig herbei eilenden Dorfbewohner finden oberirdisch nur wenige Flugzeugtrümmer, der brennende Flugzeugrumpf mit dem Piloten ist im Morast versunken. In den folgenden Tagen erfolgen von britischer Seite Bergungsarbeiten aber schnell wächst über der Absturzstelle wieder das saftige Wiesengrün. Erst Jahrzehnte später geht Ulrich Bärwald, er betreut seit Jahren das Gemeindearchiv Sülfeld, den wenigen Überlieferungen zu diesem Unglück nach und kann in der Folge 2006 die genaue Absturzstelle vor Ort lokalisieren. Es gelingt ihm unter Hinweis auf eine mögliche Umweltgefährdung des Feuchtgebietes an der Norderbeste durch weiterhin im Boden gebundenem Kerosin eine Bergung der verbliebenen Flugzeugwrackteile und insbesondere des Piloten zu realisieren. Nach Koordinierung aller zu beteiligenden Bundes-, Landes- und kommunalen Dienststellen sowie insbesondere des Militärattaches Großbritanniens erfolgt am 23. März 2006 unter Leitung des Archäologischen Landesamtes Schleswig die vollständige Bergung aller Reste dieses Flugzeugabsturzes.
Anhand der Nachforschung in den britischen Militärarchiven in London kann auch die Lebensgeschichte des Piloten sowie der betroffenen britischen Luftwaffeneinheit minutiös recherchiert werden. Danach handelte es sich um den britischen Flight Lieutenant James Mason aus Schottland, geboren am 10. Februar 1923, gestorben bzw. abgestürzt im Tal der Norderbeste am 16. Juni 1947.
Er flog als Pilot eine britische Gloster Meteor vom 266. Squadron der Royal Airforce, R.A.F, vom Flugplatz Lübeck – Blankensee. Es handelt sich um das erste britische Düsen-Flugzeug. Zudem gelingt es, Kontakt mit seinen damaligen Staffelkameraden in Großbritannien aber insbesondere auch zu seiner Familie in Schottland aufzunehmen. Der Familie werden die geborgenen Gegenstände des Piloten, die Armbanduhr sowie die Brieftasche übergeben. Wenige Wochen nach der Bergung erfolgt die Bestattung der geborgenen sterblichen Überreste des Piloten James Mason mit militärischen Ehren auf dem Soldatenfriedhof in Hamburg. An dieser Zeremonie nimmt der Neffe des Verstorbenen teil, die über 90 – jährige Schwester des Piloten lebt in Australien.
Dieser junge Pilot, schlussendlich auch ein Opfer des von Deutschland begonnenen Weltkrieges, hat durch seine versuchte Notlandung im Tal der Norderbeste das Dorf vor einer Katastrophe bewahrt. Ihm zu Ehren gibt es im rückwärtigen Bereich des Friedhofes am Neuen Weg in Sichtweite der Absturzstelle von der Kirchengemeinde Sülfeld einen Gedenkstein. Es gibt sicherlich nur wenige Soldatenschicksale, die nach so langer Zeit vollständig zum Geschehen und zu den beteiligten Personen aufgeklärt werden konnten, zumal es sich auch noch um ausländische Kriegsteilnehmer, in diesem Fall britische Besatzungssoldaten 1947 handelt.