Musiker im Einsatz für Frieden und Toleranz

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Die „Fabrik“ in Bargteheide war wieder Veranstaltungsort eines besonderen Ereignisses. Am 17. Juni 2022 traten in der Jugendkulturhalle in der Lohe zwei Künstler auf, die seit 2008 unterschiedliche Musikrichtungen in gelungener Weise in Einklang bringen. Der Bassgitarrist Joram Bejarano und der Rapper Kutlu Yurtseven von der HipHop-Band Microphone Mafia begeisterten das Publikum mit Rap in Kombination mit traditionellen jiddischen, hebräischen und italienischen Liedern und kämpfen damit gegen jegliche Art von Diskriminierung.

Damit erfüllen sie das Vermächtnis von Jorams Mutter Esther Bejarano, die jahrzehntelang diesen Kampf mit Taten, Worten und mit Musik geführt hat. Die Holocaustüberlebende, die in Auschwitz im Mädchenorchester spielte, ist bis zum letzten Jahr gemeinsam mit der Band aufgetreten, zu der auch ihre Tochter Edna gehörte. Als Esther Bejarano im letzten Jahr im Alter von 97 Jahren verstarb, hinterließ sie den Auftrag: Jetzt müsst ihr weitermachen, meine Rache mit Musik, Worten und Herz weiterführen.
So wurde auch dieser Abend der Sängerin und ihrer Bitte gewidmet.
„Esther Bejarano – Kämpferin gegen Rassismus, Einsatz für den Frieden“ stand auf dem Programm und ein interessiertes Publikum unterschiedlichster Altersgruppen füllte den Saal des historischen Gebäudes.


Dort erwartete sie ein vielschichtiges Programm aus Musik, Textvorträgen und Statements. Und immer war auch Esther präsent durch eine großes Foto auf der Bühne, mit ihrem Gesang, der im Playback zum Rap kombiniert wurde und durch Zitate, die von den Schülerinnen des Gymnasiums Eckhorst auf Plakate geschrieben wurden. „Ihr tragt keine Schuld für das was passiert ist, aber ihr
macht euch schuldig, wenn es euch nicht interessiert“ stand im Hintergrund der Bühne. Und so sollten auch mit der Veranstaltung besonders junge Menschen angesprochen werden, aber ebenso alle am Thema Interessierten. Es folgten der Einladung mehr als 100 Personen und nahmen interessiert Anteil. Große Betroffenheit und absolute Stille traten ein, als die Schülerinnen des 12. Jahrgangs aus dem Leben der Künstlerin berichteten, die mit 18 Jahren nach Auschwitz deportiert wurde. Bereits im vergangenen Jahr hatten sich die Schüler*innen des damals 11. Jahrgangs mit der Pädagogin Marion Schröter-Piehl mit dem Leben von Esther Bejarano auseinandergesetzt und wurden von dem Thema gepackt. Die Schülerin Louisa Krause trug sogar ein eigenes Gedicht vor, das alle tief berührte.
Die Ausführungen des Politikwissenschaftlers Dr. Henning Fischer über drei andere mutige Frauen, die das KZ Ravensbrück überlebt hatten und nach dem Krieg bis zu ihrem Lebensende aktiv gegen Rassismus und Faschismus politisch tätig waren, gaben dem Abend eine weitere historische Dimension.
Exemplarisch für tausende KZ-Inhaftierte berichtete er sehr einfühlsam über Rita S., die auch nach der Inhaftierung noch aktiv im Widerstand tätig war, Anna G., die sich schon zu damaliger Zeit für die freie Ehe und die Selbstbestimmung der Ehepartner einsetzte und mit über 60 Jahren zu den ältesten KZ-Inhaftierten gehörte und Doris M., die nach dem Kriege in der Bundesrepublik erleben musste, dass hier keine Entschädigung für das Leid gezahlt wurde. Alle drei setzten sich 1945 für den Frieden und gegen den Faschismus ein, in der DDR und in der Bundesrepublik.
Die mitreißenden Auftritte der Musiker wurde auch durch eine Lesung aus dem Buch „Erinnerungen“ unterbrochen. Joram Bejarano hat das Publikum durch seinen ruhigen Vortrag ergriffen, als er von der Befreiung der Menschen durch die amerikanische und die russische Armee berichtete. Der Tanz eines Soldaten der Roten Armee und eines US-Amerikaners um ein brennendes Hitlerbild zu den Klängen des Akkordeons symbolisierte für Esther Bejarano die Hoffnung
auf Frieden zwischen den Großmächten und eine neue Zukunft.
„Nie wieder Krieg“ stand dann zum Schluss auf dem Banner, das von den Musikern entrollt wurde. Und so wurde auch der Krieg in der Ukraine von Kutlu in einem eindrucksvollen Statement ebenso angeprangert wie jegliche Art von Diskriminierung, die auch im Umgang mit den Geflüchteten wegen Herkunft und Hautfarbe zu Ausgrenzung führt. Und er machte Mut, rassistisch motivierte Anschläge und Morde nicht schweigend hinzunehmen.
„Ihr habt uns in der Seele berührt. Es ist wichtig, dass diese Form der
Veranstaltungen fortgeführt wird, die so viel Menschlichkeit ausstrahlt “, sagte die Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht in ihrem Schlusswort und dankte allen Mitwirkenden.
Die Veranstaltung wurde initiiert und organisiert von der Inhaberin der
Bargteheider Buchhandlung, Ulrike Herberg, so wie der neu gegründeten Gruppe „Nichts vergessen – Nichts verschweigen“ in Kooperation mit den Pfadfindern vom Stamm Geisterburg, dem Gymnasium Eckhorst und dem Projekt „Partnerschaft für Demokratie Bargteheide“ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“.
Die Gruppe hat sich vorgenommen, jährlich ein derartiges Event zu
organisieren, das künftig dicht am 8. Mai platziert werden soll, um den Tag der Befreiung stärker in das Bewusstsein der Menschen zu rücken, ganz im Sinne der Forderung von Esther Bejarano, den 8. Mai zum Feiertag zu erklären.

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