Bad Oldesloe: Im Kreisarchiv Stormarn schlummern interessante Kriminalfälle der Vergangenheit, die in Zeitungsartikeln und Fotos dokumentiert sind. Sie bilden die Grundlage für die folgende Serie. Von Betrug bis Mord ist alles dabei.
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Mit einem gewaltigen Knall löste sich der Eigenheimtraum eines Ahrensburger Ehepaares am 14. November 1955 in Rauch und Trümmer auf. „Ein riesiger Rauchpilz erhob sich über dem Platz, wo eine Sekunde vorher noch das Haus eines Finanzmaklers aus Hamburg in der Kleistallee stand, nachdem eine gewaltige Detonation die umliegenden Bewohner erschreckte“, schrieb die „Ahrensburger Zeitung“, die im Kreisarchiv-Stormarn archiviert ist, über das Unglück, bei dem nur durch Zufall glücklicherweise niemand zu Schaden kam.
Allerdings war die Zerstörung beträchtlich. „Wie ein Kartenhaus sackte das Haus in sich zusammen“, berichteten die „Lübecker Nachrichten“. Fotos aus dem Bestand des Kreisarchivs zeigen einen Trümmerhaufen. „Das zweistöckige Haus war von unten her auseinandergerissen, die Mauern zur Seite gesprengt und das Dach auf die Trümmer gesackt“, malte der Ahrensburger Artikel ein dramatisches Bild. „Ein unvorstellbares Durcheinander von Sachen herrschte nach der Explosion. Ein daumendickes Gitter war umgeknickt wie ein Streichholz, der Koks lag im Garten verstreut, einige Meter entfernt stand herrenlos der Balkon und Fensterrahmen und Scheiben waren im ganzen Umkreis ausgesät.“ Das „Stormarner Tageblatt“ berichtete wie die LN mit Bild und schrieb: „Nur der Schornstein stand noch in alter Höhe.“ Auch im Umkreis wurden durch die Druckwelle Fensterscheiben zerstört.
Planierraupe rollte führerlos weiter
Das Haus war erst zwei Monate zuvor fertig gestellt worden, berichteten die „Lübecker Nachrichten“. Die noch ausstehenden Außenarbeiten wurden ihm zum Verhängnis: Laut der archivierten Artikel war ein Gartenbauunternehmer damit beauftragt, mit einer Planierraupe das Außengelände einzuebnen. Als ein Fahrer ihn mittags ablöste, bemerkte der Unternehmer wenig später, dass der Greifer der Raupe unmittelbar am Haus eine Gasleitung berührt hatte. „Die Leitung war dadurch etwas verbogen, aber nicht undicht geworden. Dies stellte auch sofort der Unternehmer fest. „Vorsichtshalber“ wollte er den Instandsetzungstrupp der Hamburger Gaswerke benachrichtigen. Arbeiter schoben in der Zwischenzeit mit ihrer Raupe weiter Erdmassen“, so der Artikel.
Doch im Inneren des Hauses war die Gasleitung im Keller durch die Kollision abgerissen, so dass unbemerkt Gas ins Haus strömte, das sich 15 Minuten später an der Flamme der Zentralheizung entzündete und die Explosion verursachte. Der Fahrer „wurde vom Führersitz der Raupe heruntergeschleudert und zog sich Gesichtsverletzungen zu, die allerdings nicht erheblich waren. Er konnte schon nach einer Stunde aus dem Krankenhaus entlassen werden.“ Die Planierraupe, die zuerst umzufallen drohte, fuhr führerlos weiter, ehe sie durch einen weiteren Fahrer gestoppt wurde. Ein Feuer entstand bei der Explosion nicht, so dass die Feuerwehr wieder abziehen konnte.
Nur durch Zufall war niemand im Haus
Nur durch Zufall hatte die Frau des Maklers ihren Mann an diesem Tag ins Büro begleitet, so dass das Haus leer stand. „Traurig blickte sie auf die herumhängenden Gardinen, einige Vasen und Blumen und ein Bild ihrer Kinder, das ihr ein Polizist aus den Trümmern reichte“, beschreibt das „Stormarner Tageblatt“ die Szene. Das wohnungslos gewordene Ehepaar zog erst einmal in das Büro. Die Eheleute waren nach Ahrensburg gezogen, weil der Makler dort den Verkauf der Neubauten in der Kleistallee leitete.
„Der Schaden in Höhe von 70.000 Mark ist durch eine Versicherung gedeckt“, meldeten die Zeitungen wenige Tage später. „Architekten und Baufachleute waren übereinstimmend der Meinung, dass das in sich zusammengefallene Neubauhaus zunächst völlig abgetragen werden muß, bevor an einen Wiederaufbau zu denken ist.“