Ein rassistisches Video aus einer Sylter Bar sorgte kürzlich für bundesweite Aufmerksamkeit – war aber kein Einzelfall. Tatsächlich befassen sich schon längst alle Staatsanwaltschaften des Landes, also die in Flensburg, Itzehoe, Kiel und Lübeck mit ähnlichen Fällen. Junge Menschen feiern und singen dabei ausländerfeindliche Parolen. Auch an den Schulen ist ein Wandel spürbar. 216 Schulen haben sich vor der Europawahl an der „Juniorwahl“ beteiligt – die AfD landete mit 13,5 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz. An einzelnen Schulen auch auf dem zweiten oder ersten. Die Zahl der gemeldeten rechtsextremistischen Vorfälle an den Schulen steigt – um ein Vielfaches.
Martin Habersaat, bildungspolitischer der SPD-Landtagsfraktion, hatte die Zahlen in einer Kleinen Anfrage abgefragt. Er sagt: „Die Zahl rechtsextremistischer Gewaltvorkommnisse an unseren Schulen steigt, der Hitlergruß und Hakenkreuz scheinen keine Seltenheit zu sein. Kamen solche Fälle in den Schuljahren 2020/21 und 2021/22 nur vereinzelt vor, sehen wir im Schuljahr 2022/23 einen deutlichen Anstieg auf elf Fälle. Dabei muss von einer wesentlich höheren Dunkelziffer ausgegangen werden.“ Der Grund: Schulleitungen sollen diese Vorfälle nur statistisch dokumentieren, wenn sie schulische Ordnungsmaßnahmen (nach § 25 Absatz 3 Nr. 2 bis 5 oder nach Absatz 7 Schulgesetz) zur Folge hatten oder wenn ein Hausverbot gegen nicht der Schülerschaft angehörige Personen verhängt wurde. Habersaat: „In vielen Fällen wird vor solch einer Ordnungsmaßnahme, für die eine Klassenkonferenz einberufen werden müsste, eine pädagogische Maßnahme, etwa ein Gespräch mit der Schulleitung, ergriffen. Das ist grundsätzlich richtig, landet dann jedoch in keiner Statistik. Die Polizei wiederum erfasst nicht statistisch, ob sich Vorfälle, die zum Beispiel im Verfassungsschutzbericht Niederschlag finden, an Schulen zugetragen haben.“
Die SPD-Landtagsfraktion zieht daraus verschiedene Konsequenzen: Einerseits solle die Landesregierung künftig genauer hinsehen und die Statistiken überarbeiten. Zweitens müsse es an den Schulen eine Kultur des miteinander Sprechens geben. Habersaat: „Man kann sich vorstellen, was es mit Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund macht, wenn ‚Deutschland den Deutschen‘ plötzlich ein Slogan auf dem Schulhof wird.“ Drittens hat die SPD auf Grundlage vorhandener Projekte im Kita-Bereich ein ‚Rahmenkonzept Demokratiebildung‘ für die Schulen in Schleswig-Holstein vorgelegt. Habersaat: „Dieses Konzept sehen wir als Vorschlag, über den wir im Bildungsausschuss weiter beraten wollen. Dabei ist uns wichtig, dass wir die Demokratiebildung als Aufgabe von Schule insgesamt begreifen und nicht als eine für den WiPo-Unterricht allein.“