Nach Wahl von Sayn-Wittgenstein: Die AfD ist nicht mehr zu retten

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Der Sprecher gegen Rechts der SPD-Landtagsfraktion, Tobias von Pein, erklärt zur erneuten Wahl Doris von Sayn-Wittgensteins zur Landesvorsitzenden der AfD SH:

„Die erneute Wahl Doris von Sayn-Wittgensteins zur Landesvorsitzenden der AfD Schleswig-Holstein zeigt Eines ganz deutlich: Dieser Landesverband fischt nicht nur am trüben rechten Rand, sondern er ist im braunen Sumpf verschwunden. Darum begrüße ich die Pläne zur Beobachtung der AfD in Schleswig-Holstein durch den Verfassungsschutz ausdrücklich“, so von Pein.

Spätestens seitdem klar ist, dass Sayn-Wittgenstein, die ihren Adelstitel auf unbekannte Weise erhalten hat und über deren Vergangenheit ohnehin kaum etwas bekannt ist, mehrere rechtsextreme Vereine unterstützte, einen davon gemeinsam mit der verurteilten HolocaustLeugnerin Ursula Haverbeck, und einen Emailverteiler für rechte Propaganda betrieb, muss klar sein, wofür diese Frau steht: für den völkischen Flügel rund um Björn Höcke.

Und es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wie sehr sich die im Verhältnis nur borniertkonservativen Neuerungsskeptiker in der Landespartei, rund um die Landtagsfraktion, nun von der ausgeschlossenen Kollegin distanzieren. „Die Fürstin“, wie sie sie nicht erst seit ihrem Rauswurf aus der Fraktion im Dezember 2018 verächtlich nennen, passt ihnen gar nichts ins Konzept, wo sie so offensichtlich mit Rechtsextremen liebäugelt, dass die sonst so fein säuberlich kalkulierte Mehrdeutigkeit der AfD zerbricht wie die Scherben eines Spiegels, in den die Partei nun blicken muss. Im Regelfall begnügen sich AfD-Politikerinnen und politiker mit Andeutungen, die man so oder so verstehen kann: Rassistisch, menschenverachtend für die Anhänger, gerade noch erträglich, weil nicht anders nachweisbar, für die Gegner.
Ahrensburg, 01.7.2019

Der Ton wird noch rauer, nicht nur nach außen, auch nach innen, wo der Abgeordnete Brodehl bereits auf Facebook einen NPD-Vergleich zieht, um ihre Unterstützer doch noch zur Vernunft zu bringen. Jetzt rächt sich, dass man lange Zeit das Scheunentor nach rechts weit offen stehen ließ und nicht so genau auf die Motivation der Beteiligten achtete. Der Spagat der Partei droht, sie zu zerreißen. Sie zerreißt anhand der Bruchlinie zwischen Konservativen, die am liebsten die gesellschaftliche Uhr bereits in den 1950er Jahren angehalten hätten und Neurechten, denen ein Umbau des Staates hin zu einer autoritären Führung, die alles Andere bekämpft, seien es ethnische Minderheiten, korrupte Eliten oder andere sogenannte Volksverräter, gar nicht schnell genug gehen kann. Liberale Euroskeptiker, wie der Parteigründer Bernd Lucke, sind zumindest in Schleswig-Holstein nirgendwo mehr zu sehen. Sie haben sich entmachtet und enttäuscht zurückgezogen.

Lange Zeit war unklar, auf welcher Seite die Landtagsfraktion steht, doch sie hat in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, dass es eher persönliche Befindlichkeiten mit ihrer „Fürstin“ sind, die sie trennen, als inhaltliche Differenzen. Alle fünf Abgeordneten sind Meister in der Verwendung der rechtspopulistischen Rhetorik. So werden linke Projekte diskreditiert, das Schächten oder polygame Ehen zum Anlass genommen, Muslime zu dämonisieren oder versucht, eine Verschärfung des Asylrechts nach der anderen durchzusetzen. Jede und jeder, der oder die nicht Deutsch aussieht, hat in den Augen der AfD keinen Respekt und vor allem keine Grundrechte verdient.

Es ist immer das von ihnen so getaufte Kartell aus Altparteien und Lügenpresse, die das Opfer AfD in ein schlechtes Licht rücken wollen. Dabei ist die AfD nicht Opfer, sondern Täter. Denn wer ihr widerspricht oder ihre Methoden benennt, soll mundtot gemacht werden und wird beispielsweise angezeigt. Am Ende einer solchen Einschüchterungskette kann ein Mord stehen, wie etwa der an Walter Lübcke, dem Kasseler Regierungspräsidenten, der sich vehement für eine humane Geflüchtetenpolitik einsetzte, als schauerliches Beispiel. Dass die AfD nun sagt, sein Tod sei Ergebnis von Merkels Geflüchtetenpolitik, weil die Menschen sich soetwas eben nicht gefallen ließen, ist schlicht widerlich. Tatsächlich sind sie selbst nicht unverantwortlich an diesem Mord, weil sie durch ihre Angstmacherei Menschen erst anstacheln. Sie spielen den Mord als Tat eines Einzelnen herunter, wie sie es bei „Fehltritten“ der Eigenen immer tun, während jeder Muslim verantwortlich gemacht werden soll für Terroranschläge irgendwo auf der Welt. Der Verfassungsschutzbericht 2018 zeichnet ein anderes Bild: Wir haben ein Problem mit rechtem Terror!

Von Pein schließt mit den Worten: „Die radikalen Kräfte in der AfD gewinnen langsam, aber sicher die Oberhand. Keines ihrer Mitglieder kann sich jetzt noch herausreden, sie würden versuchen, von innen etwas zu verändern, keiner ihrer Wählerinnen und Wähler kann sich jetzt noch herausreden, sie wollten den etablierten Parteien nur einen Denkzettel verpassen. Denn diese Landespartei hat eine mit Rechtsextremen mindestens sympathisierende Vorsitzende. Und hier muss ich dem Kollegen Brodehl ausnahmsweise Recht geben: Damit ist die AfD nicht mehr zu retten! Wenn er es ernst meint, mit seinem NPD-Vergleich, muss er auch die Konsequenz ziehen, selbst aus der Partei auszutreten. Ansonsten macht er mit den Neurechten gemeinsame Sache.“

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