Bericht vom Anhörungstermin im Genehmigungsverfahren für die Müllverbrennungsanlage

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Keine beste verfügbare Technik und kein Rückbau?

Bericht vom Anhörungstermin im Genehmigungsverfahren für die Müllverbrennungsanlage und Klärschlammverbrennungsanlage in Stapelfeld

Formal gestaltete sich der für drei Tage angesetzte Anhörungstermin in Großhansdorrf als wenig bürgerfreundlich. Nur Einzelne hatten zwei Tage zuvor eine Tagesordnung zugeschickt bekommen, diese unterschied sich jedoch von der anfangs vorliegenden, die dann aber auch noch ständig geändert wurde. Da nicht erkennbar war, an welchem Tag welcher TOP an der Reihe war. konnten von Bürgerinitiativen bezahlte Experten für konkrete Themen nicht teilnehmen. Internetzugang hatten nur der Antragsteller EEW und die Behördenvertreter. Viele Klagen über dieses Vorgehen wurden als „unbeachtliche Verfahrensfehler“ abgetan, sie häuften sich jedoch so sehr, dass die angebliche Unbeachtlichkeit zu Verwunderung führte.

Gleich zu Anfang stellte der Anhörungsleiter des Landesamtes klar, dass das Verfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz die Zulässigkeit der Anlagen prüfe, nicht aber ihren Bedarf, das sei unternehmerisches Risiko. Der Antragsteller lobte in seiner Anfangspräsentation die alte Müllverbrennungsanlage als „sehr energieeffiziente R1-Anlage“.

In der Sache war allen Einwender wichtig, dass die bestmöglichen Vorkehrungen getroffen werden, damit so wenig Schadstoffe wie möglich in die Umwelt gelangen. EEW dagegen machte deutlich, dass für sie die derzeit gültigen gesetzlichen Grenzwerte maßgebend seien. Die Vertreterin vom NABU Schleswig-Holstein, Angelika Schmidt und der Vertreter der Initiative „Das bessere Müllkonzept“, Klaus Koch, wiesen daraufhin, dass die EU gerade zur „besten verfügbaren Technik“ neue sogenannte „BVT-Schlussfolgerungen“ veröffentlicht hätte, die als Durchführungs­beschlüsse sofort anzuwenden seien. Der Anwalt des Antragstellers bestritt dies, er meinte, dass sie erst in deutsches Recht umgesetzt werden müssten. Nach Prüfung widersprachen aber am darauffolgenden Tag die Behördenvertreter dem Anwalt.

Daraufhin stellte Koch einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zur Nachbesserung durch den Antragsteller auf Basis der BVT-Dokumente. Die Vertreterin des BUND Schleswig-Holstein, Petra Ludwig-Sidow, unterstützte den Antrag mit dem Hinweis, dass viele Unterlagen aufgrund von Geschäftsgeheimnissen nicht zugänglich waren, darunter auch eine emissionsrelevante Vertragsunterlage, die im Kreis verhandelt wurde. Der Europäische Gerichtshof hätte aber vor einem halben Jahr im Zusammenhang mit Glyphosat und Monsanto geurteilt, dass bei Immissionsschutz das Recht der Öffentlichkeit auf Information höher einzuschätzen ist als Firmeninteressen. Trotzdem wurde dem Antrag auf Verfahrensaussetzung von der Rechtsanwältin der Genehmigungsbehörde nicht stattgegeben.

Die Zuhörer und Einwender mussten feststellen, dass es laut Rechtsanwalt der Betreiberfirma EEW keine Verpflichtung zum Rückbau der Altanlage gibt, und dass offenbar auch die beiden Neuanlagen nicht mit einer Rückbauverpflichtung belegt werden können. Auch am dritten Tag wurde noch einmal deutlich, dass EEW keinen (teuren) Abriss der alten Müllverbrennungsanlage plant und in Zukunft zwei Schornsteine das Landschaftsbild prägen werden, ein hoher und ein niedriger. Ein Parallelbetrieb der alten und der neuen Müllverbrennungsanlage ist zwar laut EEW für nicht mehr als 21 Wochen vorgesehen, eine Genehmigung für den Neubau beinhaltet aber keine zeitlichen Beschränkungen für einen solchen parallelen Betrieb.

Ein erfrischender Lichtblick war der vom LLUR eingeladene Toxikologe der Universität Kiel, Hermann Kruse. Für besonders gefährlich hält er den Ausstoß von Stickstoffdioxid, Arsen, Stäuben und Nanopartikeln. Die Ausschöpfung des Toleranzwertes für das sehr giftige Arsen ist ihm viel zu hoch. Genauso gefährlich ist für ihn Benzo(a)pyren, ein Schadstoff, der vor allem als Karzinogen aus dem Zigarettenrauch bekannt ist. Die Zusatzbelastung durch diesen Stoff aus den beiden neuen Anlagen sieht er als zu hoch an. Er bestätigte auch die BUND-Vertreterin in ihrer Einschätzung, dass die hohen Einträge der Schwermetalle Cadmium und Thallium kritisch zu sehen sind, genauso wie die von Dioxinen und Furanen und dioxinähnlichen PCB. Der Toxikologe betrachtet den Menschen, der BUND sorgt sich auch um die besonders streng geschützten Kammmolche, bei denen solche hohen Cadmiumwerte im Sediment nachweislich zu Hormonstörungen und Gewebeveränderungen führen können und somit zu einer Bedrohung ihres Bestandes im Kammmolchgebiet Höltigbaum, das nach EU-Recht gerade wegen seiner Kammmolchpopulation einem strengen Schutz unterliegt.

Wie auch der BUND bedauert der Toxikologe Kruse, dass nach der angewendeten gesetzlichen Grundlage, der 17 Jahre alten TA Luft, nur Feinstaub (PM 10), aber nicht der kleinere Feinststaub (PM 2.5) gemessen wird. Stäube binden Schadstoffe an ihrer Oberfläche, je kleiner die Partikel sind, desto größer ist im Verhältnis ihre Oberfläche. Und Feinststaub von nur 2,5 Mikrometer Durchmesser ist lungengängig und somit ein Transportvehikel für Gift in menschliches Blut und Gewebe. In dem Referentenentwurf zur neuen TA Luft soll Feinststaub PM 2.5 berücksichtigt sein, aber diesen will der Betreiber nicht berücksichtigen.

Es wurden noch viele Themen erörtert, viele allerdings wurden auch ausgelassen. Die Teilnehmer konnten nur hoffen, dass die Behörde die fast 600 schriftlich vorgebrachten Einwendungen sorgfältig prüft und nicht nur zur Kenntnis nimmt, wie die auf der Anhörung mündlich vorgebrachten und vom Antragsteller als irrelevant oder unerheblich beurteilten Kritikpunkte.

Als am Ende des dritten angesetzten Anhörungstages sich abzeichnete, dass nicht alle Punkte abgearbeitet werden können, wählten die Behördenvertreter spontan den nächsten Tag als weiteren Termin. Aufgrund dieser Praxis, die auch erfahrenen Teilnehmern unbekannt war, und weil das angesetzte Ende schon um 40 Minuten überschritten wurde, verließen alle Einwender unter Protest den Raum.

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