Dürfen internationale Konzerne unsere Kommunalpolitik bestimmen?

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Wollen wir Verbraucher- und Umweltschutzstandards, die für uns selbstverständlich sind, wieder aufgeben? Kreis, Kommune und regionale Unternehmen regeln an unserem Wohnort viele Dinge des täglichen Lebens: der Strom wird geliefert, Müll pünktlich entsorgt, Trinkwasser aufbereitet und Abwasser geklärt, der öffentliche Nahverkehr geregelt, das Rettungswesen aufgestellt, zahlreiche kulturelle Veranstaltungen angeboten. Wir Bürgerinnen und Bürger entscheiden, in welchen politischen Ausprägungen unser Leben zu regeln ist. Diese kommunale Organisationsfreiheit läuft nun Gefahr, durch Abbau von Handelshemmnissen und Öffnung des Dienstleistungsmarktes für internationale Unternehmen, ausgehöhlt zu werden.

Wiebke Garling-Witt.klein

Regeln zum Investitionsschutz von Unternehmen sind in Staaten mit rechtsstaatlicher Tradition überflüssig. Jetzt laufen wir Gefahr, dass durch eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), das Europäisch-Kanadische Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) und das zwischen den USA, Europa und 20 weiteren Mitgliedern der Welthandelsorganisation verhandelte Abkommen im öffentlichen Dienstleistungssektor (TISA) unser Rechtsstaat ausgehebelt wird! Internationale Standards sollen den Markt bestimmen, bestehende Gesetze außer Kraft gesetzt werden. Für die Fleischproduktion gelten in den USA grundlegend andere Bestimmungen. 80% aller Mais- und Sojafuttermittel in den USA sind genmanipuliert. Nicht die Qualität zählt, sondern die Produktionskosten und Gewinnmargen. Wir Grüne stehen für regionale Produktion und Vermarktung von Nahrungsmitteln. Wie soll ein Landwirt aus der Region seine Geflügelzucht unter Biostandards erhalten, wenn das mit Genfutter ge mästete, chlorgereinigte USA-Hühnchen den Preis im heimischen Markt ruiniert? Laut Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) sollen wir zukünftig Strichcodes auf Lebensmitteln mit unseren Smartphones (hoffentlich haben Sie eins!) scannen, um Verbraucherinformationen sichtbar zu machen. Absurd: statt beim Einkauf auf bundesdeutsche und europäische Standards vertrauen zu können, sollen wir mit dem Telefon durch die Läden irren!

Internationalen Unternehmen soll durch die Hintertür die Möglichkeit gewährt werden, gegen demokratisch legimitierte und rechtsstaatliche Gesetze und Regeln zu klagen. Beim kommunalen Schutz von Trinkwasserressourcen könnten dann Fracking-Unternehmen zukünftig über internationale Schiedsgerichte Kommunen auf Schadensersatz verpflichten. Wollen wir derartige Bestimmungen? Ich denke nicht! Österreich hat sich bisher als einziges europäisches Land gegen TTIP ausgesprochen. Da die Bundesregierung eine andere Haltung vertritt, muss auf kommunaler Ebene gehandelt werden. Im Kreistag wurde kürzlich der kommunale Bezug diskutiert und eine mehrheitliche Entscheidung für den Erhalt europäischer Wirtschaftsstandards und demokratischer Entscheidungsprozesse getroffen und eine Resolution gegen TTIP verabschiedet.

Wir Grünen fordern die Aussetzung der Verhandlungen und einen Neustart, auf Basis eines transparenten Verfahrens. Wir werden keinem Abkommen zustimmen, das europäische Standards und Gesetze untergräbt. Fairer Freihandel ist für friedliche Zusammenarbeit und Wohlstand wichtig. Wir sagen „Nein zu TTIP“ und „Ja zu Verbraucherschutz, regionalen Qualitätsprodukten und lokalere Wertschöpfung.“

Es ist an der Zeit, den politisch Verantwortlichen, die TTIP, CETA und TISA für uns verhandeln und letztendlich entscheiden, Beschlüsse auch aus den Kommunen mit auf den Weg zu geben. Berlin und Brüssel müssen sich für unsere Grundrechte einsetzen und nationale und kommunale Entscheidungsgewalt aufrechterhalten. Wir Grüne fordern ein bekennendes „Ja“ der Stadtvertretung Bargteheides zum gemeinsamen Positionspapier des Deutschen Städtebundes, des Deutschen Landkreistages, des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sowie des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V.!

Wiebke Garling-Witt