„Flucht wird normal bleiben, Integration muss normal werden“

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Ministerpräsident Torsten Albig in Wentorf und Ahrensburg

Erst besuchte Torsten Albig die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Wentorf, dann zeichnete er im Kinderzentrum 143 Ehrenamtliche des Runden Tisches Asyl in Wentorf aus und dankte für ihren Einsatz. Anschließend kam der Ministerpräsident nach Ahrensburg, um sich im Rahmen der Reihe „Politik in der Remise“ des Ahrensburger Kulturzentrums mit denselben Themen zu befassen: Flüchtlinge und Einwanderung, Integration und Rechtsstaat. Dabei kam es ihm darauf an, die Dinge immer wieder ins Verhältnis zu setzen. Lutz Reuter konnte im Marstall etwa 200 Gäste begrüßen, darunter die Landtagsabgeordneten Tobias von Pein und Martin Habersaat, Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach und Heike Grote-Seifert, Chefin der Arbeitsagentur Bad Oldesloe.  „Deutschland hat in einem Maße Flüchtlinge aufgenommen, dass zu den 200 Menschen hier im Saal zwei dazu kämen. Die gefährden nicht unseren Rechtsstaat, die schreiben uns nicht vor, was wir essen dürfen“, so Torsten Albig.

Torsten Albig
Torsten Albig

Ursula Pepper moderierte den Abend und stellte zunächst Albigs Bezüge zur Kommunal-, Landes- und Bundespolitik dar. So war er bereits Stadtverordneter in Lütjenburg, Bürgermeister in Kiel und Sprecher verschiedener Bundesfinanzminister – mithin mit allen politischen Ebenen vertraut. Dann folgte der Auftritt des Ministerpräsidenten, den Pepper später als „leidenschaftliches Plädoyer für eine humane Flüchtlingspolitik“ zusammenfasste. Internationale Entwicklungen hätten immer auch Folgen für unsere Region, so Albig. Das könne man heute an den Flüchtlingen sehen, das könne man aber auch am Schloss Ahrensburg sehen, das Heinrich Carl von Schimmelmann einst durch Sklavenhandel habe finanzieren können.

 

Heute seien weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht, „mit schwereren Erfahrungen, als wir hoffentlich jemals ertragen müssen“. Hauptsächlich kommen diese in der Nähe ihrer Heimatländer unter, Europa trage bisher nur einen kleinen Teil dieser Last, Amerika fast gar keinen. Mache man sich das klar, mache das nicht klein, was heute in Schleswig-Holstein und anderswo geleistet werden müsse, relativiere es aber. Wichtig sei, an der Beseitigung von Fluchtursachen zu arbeiten, auch wenn es eine Zeit ohne Fluchtbewegungen wohl nicht mehr geben werde, zumal der Klimawandel als Ursache eine zunehmend größere Rolle spiele. Was würden wir tun, wenn es hier kein Wasser mehr gäbe? „Flucht wird normal bleiben, Integration muss normal werden.“ Wichtig sei, Europa als Friedens- und Freiheitsraum zu erhalten, um Lasten solidarisch zu teilen, aber auch im Interesse der deutschen Volkswirtschaft.

Es komme darauf an, stabile Verhältnisse für die Menschen zu schaffen, die hier ankommen, aber auch für die, die schon hier leben. Das Land könne helfen, beispielsweise durch den Aufbau von Erstaufnahmeeinrichtungen, inzwischen hat Schleswig-Holstein hier 13.000 Plätze, wo vorher 500 waren, bei der Bereitstellung von Lehrkräften, Polizei und anderen Landesbediensteten, und indem es, wie geschehen, seinen Anteil an der Finanzierung der anfallenden Kosten von 70 Prozent auf 90 Prozent erhöht hat. Letztlich finde Integration aber in der Kommune statt, in der Nachbarschaft, im Verein, am Arbeitsplatz. Auch deshalb sei er dem Runden Tisch in Wentorf dankbar, aber auch dem Freundeskreis Flüchtlinge in Ahrensburg und vielen anderen.

Die Fragen aus dem Publikum drehten sich um Arbeitserlaubnisse, Abschiebungen und auch um kriminelle Flüchtlinge. Wie er mit denen umgehe, wurde der Ministerpräsident gefragt, und hatte eine klare Antwort: „Indem wir die Regeln unseres Rechtsstaates anwenden. Für alle. Und zwar für alle gleich!“ Es gebe keinen Dissens in der Frage, wie mit Kriminellen umzugehen sei. Es gebe allerdings auch keinen Anlass, an den rechtstaatlichen Verfahren in Deutschland zu zweifeln oder einen Rechtsstaat unterschiedlicher Klassen einzuführen.

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