‚Nein heißt Nein‘ wird Gesetz

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Nach langem Ringen um eine Reform des Sexualstrafrechts werden mit der heutigen Abstimmung durch den Deutschen Bundestag über Jahre kritisierte Rechtslücken geschlossen. So soll in Orientierung der sogenannten Istanbul Konvention der Grundsatz ‚Nein heißt Nein‘ im Sexualstrafrecht verankert werden. Hierzu hatte es noch nach Einbringung des Gesetzentwurfes umfassende Änderungen gegeben.

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„Die Reform wird nun von einer breiten Mehrheit des Deutschen Bundestages getragen, was mich darin bestärkt, dass es offenkundige Schutzlücken gab“, so Dr. Nina Scheer, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein. Nina Scheer hatte bereits früh und verstärkt auf ein Voranschreiten der Reform gedrungen. „Die heftigen öffentlichen Diskussionen über die Vorfälle in der Silvesternacht hatten nochmal die Notwendigkeit unterstrichen, den damals bereits längere Zeit vorliegenden Reformentwurf voranzubringen. Die Vorfälle waren somit mitnichten Auslöser für die Reform. Sexuelle Überbegriffe finden auch auf Volksfesten oder in der U-Bahn statt“, so Scheer.

Auch wenn zwischen den Koalitionsfraktionen und der Opposition grundsätzlicher Konsens über die Reform des § 177 Strafgesetzbuches, StGB, bestand, kritisierten die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die mit der Gesetzesnovelle vorgenommene Änderungen im Aufenthaltsrecht sowie den ebenfalls neu zu schaffenden Tatbestand der ‚Straftat aus Gruppen‘. Hier wurden verfassungsrechtliche Bedenken angeführt.

Sabine Gillessen, Vorsitzende der AsF Schleswig-Holstein schätzt sich glücklich: „Diese Reform war überfällig. Gut, dass ein Nein in Zukunft auch als Nein gewertet wird. Vor Gericht wird es nun hoffentlich zu einer Umkehr kommen – Verantwortung für die Gewalttat liegt ausschließlich beim Täter und nicht bei der mangelnden körperlichen Gegenwehr des Opfers.“

Während der Regierungsentwurf Schutzlücken etwa in Hinblick auf Überraschungstaten im bestehenden § 179 StGB fokussierte, geht die nun parlamentarisch erarbeitete Fassung des Gesetzentwurfes deutlich weiter und ist anders strukturiert. So ist § 177 StGB neu gefasst (‚Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung‘) und lässt auch die Missbrauchstatbestände des § 179 StGB aufgehen.

Als Kernbestand der Änderung loben Scheer und Gillessen, dass Strafbarkeit nun gegeben ist, wenn sexuelle Handlungen gegen den ‚erkennbaren Willen‘ einer anderen Person vorgenommen werden, was mit ‚Nein heißt Nein‘ zusammengefasst wird. Auch konkludente Willensbekundungen werden hiervon erfasst.

Scheer: „Selbst wenn hiermit die häufig situationsbedingt gegebenen Beweisschwierigkeiten nicht aufgelöst werden, ist es mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht von Bedeutung, dass wir keine Wertungswidersprüche zulassen. Es kann nicht sein, dass unser Recht bei fehlendem Einvernehmen den Griff nach dem Geldbeutel schärfer sanktioniert als den Griff in den Ausschnitt.“

Gillessen: „Diese Reform ist ein Meilenstein auf dem Weg dazu, dass Frauen auch im Strafrecht das sexuelle Selbstbestimmungsrecht zugestanden wird. Ein Erfolg all derjenigen, die sich in den letzten Jahren und Monaten dafür eingesetzt haben.“

Als neuer Straftatbestand soll im § 184i StGB die sexuelle Belästigung normiert werden. Er zielt auf Taten, die nicht die Erheblichkeitsschwelle für ’sexuelle Handlungen‘ des § 184h StGB überschreiten, womit das Begrabschen aufgegriffen wird. Grundsätzlich soll es sich um ein Antragsdelikt handeln.

Mit dem neu zu schaffenden § 184j StGB begegnet die Strafrechtsnovelle Menschen, die sich an einer Gruppe beteiligen. Gedacht ist hier etwa an das Phänomen der ‚Antänzerei‘.

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