Geflügelpest in Tierhaltung mit 30 000 Hühnern festgestellt –
KIEL. In einer Geflügelhaltung im Kreis Schleswig-Flensburg ist Geflügelpest amtlich festgestellt worden. Das nationale Referenzlabor für aviäre Influenza, das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), wies heute (12. November 2016) den hochpathogenen Erreger des Subtyps H5N8 nach. Damit ist erstmals in Schleswig-Holstein der Geflügelpesterreger in einer geschlossenen Tierhaltung nachgewiesen worden. Bei dem Betrieb handelt es sich um eine Hühnerhaltungsanlage mit rund 30 000 Tieren. Alle Tiere müssen nun der Geflügelpest-Verordnung entsprechend getötet werden.
„Damit ist eine neue Stufe bei der derzeit grassierenden Geflügelpest erreicht. Sie ist hochaggressiv. Sie Situation ist besorgniserregend und bedeutet für alle – Tierhalter und Tierhalterinnen, Behörden und Labore – eine große Herausforderung. Ich begrüße, dass der Bund jetzt den Krisenstab einsetzt. In mehreren Gesprächen mit Bundesagrarminister Schmidt und Staatssekretär Aikens habe ich in den letzten Tagen dem Bund gesagt, für wie wichtig ist die Koordinierung der Ländermaßnahmen halte“, sagte Landwirtschaftsminister Robert Habeck in Kiel.
Der Krisenstab, bestehend aus den Staatsekretären von Bund und Ländern, tagte am Nachmittag noch. Ich begrüße, dass der Bund jetzt den Nationalen Krisenstab Tierseuchen eingesetzt hat. In mehreren Gesprächen mit Bundesagrarminister Schmidt und Staatssekretär Aikens habe ich in den letzten Tagen dem Bund gesagt, für wie wichtig ist die Koordinierung der Ländermaßnahmen halte. “
Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet eingerichtet
Der Kreis Schleswig-Flensburg richtete am Samstag einen Sperrbezirk von drei Kilometern und ein Beobachtungsgebiet von weiteren sieben Kilometern ein. Die Polizei sperrte den Betrieb zudem ab. Aus Gründen des Tierseuchenschutzes ist es fremden Personen untersagt, das Gelände zu betreten. Landwirtschaftsminister Robert Habeck und Landrat Wolfgang Buschmann appellierten dringend, sich daran zu halten. Verstöße gegen Regelungen auf Basis des Tiergesundheitsgesetzes sind Ordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro geahndet werden können. Die fahrlässige oder vorsätzliche Verschleppung von Tierseuchen ist strafbar.
Landrat Buschmann betonte: „Gleich nach Bestätigung des Falles haben wir den Verwaltungsstab zusammengerufen und alle notwendigen Schritte eingeleitet. Alle haben extrem gut und reibungslos zusammengearbeitet – von den Veterinären über die Polizei bis hin zur Freiwilligen Feuerwehr.“
FLI untersucht Ursache der Einschleppung
Seit Mittwoch hatte es in dem Betrieb vereinzelte Todesfälle bei Hühnern in der Anlage gegeben, die zunächst in Zusammenhang dem Ausfall einer Lüftung gebracht wurden. Der Tierhalter beauftrage ein privates Labor mit Probennahmen. Nachdem diese Ergebnisse am Freitag einen ersten, aber nicht amtlichen Verdacht ergaben, wurde unmittelbar amtliche Proben genommen und noch in der Nacht zum Samstag von FLI analysiert. Das FLI wird ein Team von Epidemiologen zur Klärung der Ursache der Einschleppung nach Schleswig-Holstein schicken.
Es ist ein Zuchtbetrieb – die Eier sind Bruteier, keine Konsumeier. Die letzte Lieferung ging am Montag noch vor Erkrankung der Tiere heraus, und zwar nach Dänemark. Weitere Untersuchungen laufen. Schleswig-Holstein hat den Bund darüber verständigt, damit er die zuständigen Behörden in Dänemark informieren kann.
Land verstärkt Sicherheitsvorkehrungen
Habeck sagte weiter: „Wir werden in Schleswig-Holstein die Sicherheitsvorkehrungen noch weiter verstärken. So werden wir auch für kleine Geflügelhaltungen Biosicherheitsmaßnahmen, also strengste Hygienevorschriften vorschreiben. Damit gehen wir über die vom Bund in der Geflügelpest-Verordnung vorgegebenen Maßnahmen hinaus. Das ist erforderlich, um die Risiken zu minimieren. Dennoch: Weitere Fälle sind nicht auszuschließen.“ Eine entsprechende Allgemeinverfügung des Landes soll am Sonntag veröffentlicht werden, Landwirte erhalten eine Handreichung für die kleineren Geflügelhaltungen (unter 1000 Tiere)
Bestätigung von Geflügelpest bei Wildvogel in Segeberg
Seit vergangenem Wochenende sind vor allem im östlichen Landesteil Schleswig-Holsteins zahlreiche tote Wildvögel aufgefunden worden, insbesondere Reiherenten, aber auch Graugänse und Schwäne. Am Dienstag (8. November) stellte das FLI den ersten Fall von Geflügelpest des Subtyps H5N8 fest. Seitdem konnte das Virus in den Kreisen Plön, Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Flensburg sowie in Lübeck festgestellt werden. Auch in Segeberg wurde ein Verdacht bei Wildvögeln bestätigt. In Lübeck war die erste Hobbygeflügelhaltung mit 18 Puten betroffen. Darüber hinaus wurden beim Landeslabor eine Reihe von Proben von Wildvögeln oder Geflügel eingesendet.
Außerhalb von Schleswig-Holstein wurde die Geflügelpest des Subtyps H5N8 bislang in Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Baden-Württemberg bestätigt, sowie in Däne-mark, Österreich, Schweiz und Polen – dort überall bei Wildvögeln. In mehreren Bundes-ländern wird Hausgeflügel aufgestallt, genauso in Dänemark und den Niederlanden. Das Friedlich-Löffler-Institut ist dabei, das Virus zu analysieren.
Maßnahmen des Landes und der Kreise
Landesweit wurden von den zuständigen Kreisen Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete rund um die Fundorte von an Geflügelpest erkrankten Wildvögeln bzw. betroffenen Tierhaltungen eingerichtet. Sperrbezirke haben mindestens drei Kilometer Radius, Beobachtungsgebiete mindestens weitere sieben Kilometer um die jeweilige Fundstelle der Wildvögel herum. In diesen Gebieten gelten Beschränkungen für Geflügelhaltungen: Geflügel muss aufgestallt werden und darf vorübergehend nicht verbracht werden (Sperrbezirk: 21 Tage ab dem letzten Geflügelpest-Nachweis; Beobachtungsgebiet: 15 Tage ab dem letzten Geflügelpest-Nachweis in dem betroffenen Restriktionsgebiet). Die Bestände im Sperrbezirk sind regelmäßig klinisch zu untersuchen und es müssen Proben genommen werden. Zudem gelten strenge Biosicherheitsmaßnamen (Stallhygiene, Reinigung, Desinfektion).
Darüber hinaus gilt landesweit eine Stallpflicht für Hausgeflügel. Es gilt zudem eine Empfehlung der obersten Jagdbehörde: Es sollte keine Jagd auf Wassergeflügel gemacht werden, damit Tiere nicht aufgescheucht werden und das Virus weiterverbreiten.
In den Restriktionsgebieten dürfen Hundes und Katzen nicht frei herumlaufen. Diese Tiere erkranken im Regelfall nicht, aber sie können das Virus nach Kontakt weiter verbreiten. Daher sollte auch sonst direkter Kontakt von anderen Haustieren, insbesondere Hunden und Katzen, mit toten oder kranken Vögeln auch außerhalb der Restriktionsgebiete verhindert werden.
Bürgertelefon eingerichtet
Um Fragen von Bürgerinnen und Bürgern zu beantworten, hat das Land ein Bürgertelefon eingerichtet. Dieses ist von Sonntag an wieder von 9.00 bis 17:00 Uhr besetzt und unter 0431 160 6666 erreichbar.
Zudem hat der betroffene Kreis Plön ab 10. November unter der Telefonnummer 04522/74387 Mo-Do von 8.30-17.00 Uhr, Fr 8.30-13.00 Uhr ein Bürgertelefon eingerichtet.
Das Kreisveterinäramt Segeberg wird am Samstag, den 12.11.2016 von 9 Uhr bis 13 Uhr über das Bürgertelefon unter 04551 – 951 211 erreichbar sein, danach wird es ja nach Lage entschieden.
Sammelstellen für verendete Vögel bei Ordnungsämtern
Wem tote Wasservögel auffallen, sollte sich an das zuständige Ordnungsamt wenden. Die Ordnungsämter des Kreises Plön haben Sammelstellen für verendete Wildvögel eingerichtet. Zudem gelten die üblichen Vorsichtsmaßnahmen: Tote Tiere sollten nicht angefasst werden; Hunde müssen in den betroffenen Gebieten nahe dem Wasser aufgrund des Schutzstatus ohnehin angeleint werden.
Hintergrund zur Aviären Influenza
Die Aviäre Influenza kann in zwei Formen bei Hausgeflügel und Wildvögeln auftreten: Die niedrigpathogene Form (LPAI) oder die hochpathogene Form (HPAI), die Geflügelpest. Die hochpathogene Form unterliegt sowohl bei Wildvögeln wie auch beim Hausgeflügel der Anzeigepflicht und wird durch die Maßnahmen der Geflügelpest-Verordnung bekämpft. Eine Impfung gegen das Virus ist nicht erlaubt.
Am Montag war gemeldet worden, dass in Polen mehr als 70 Wildenten und Möwen verendet aufgefunden wurden. Hier wurde der hochpathogene Influenza A- Subtyp H5N8 nachgewiesen.
2014 war in mehreren Geflügelhaltungen und bei Wildvögeln in Deutschland sowie anderen Ländern der EU die Geflügelpest des Subtyps H5N8 nachgewiesen worden. Zum Schutz der Bestände hatte Schleswig-Holstein damals eine Aufstallungspflicht in Risikogebieten verhängt.
Hochpathogene Influenzaviren sind bislang noch nie in den Hausgeflügelbeständen in Schleswig-Holstein festgestellt worden. 2006 wurden sie aber bei 32 Wildvögeln in Schleswig-Holstein nachgewiesen. Damals wurde der Influenza-A-Virus des Subtyps H5N1 festgestellt
Bislang keine Übertragung von H5N8 auf den Menschen bekannt
Die Aviäre Influenza stellt vor allem eine Gefahr für Vögel dar. Nach Einschätzung des Robert Koch Instituts sind humane Erkrankungen mit dem Hochpathogenen Aviären Influenza-Virus des Subtyps A (H5N8) bisher nicht beobachtet worden, können aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Beim Einsatz adäquater Schutzmaßnahmen sind Übertragungen auf den Menschen jedoch unwahrscheinlich. Auch im Zusammenhang mit bekannten Ausbrüchen beim Geflügel durch mit diesem Virus verwandte Geflügelpestviren in Südkorea, Japan oder China wurden bisher keine humanen Erkrankungen berichtet
Entsprechend den Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung sollten grundsätzlich die Hygieneregeln im Umgang mit und bei der Zubereitung von rohem Geflügelfleisch und Geflügelfleischprodukten beachtet werden. So müssen Geflügelgerichte gründlich durchgegart werden, rohes Geflügelfleisch ist getrennt von den übrigen Lebensmitteln aufzubewahren und Küchengeräte sind zu reinigen
Näheres dazu unter: https://www.rki.de/