Stormarner Grüne: Bei der Mobilitätswende von Hamburg lernen

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Im Stadtstaat Hamburg schreitet die Mobilitätswende unter dem Grünen Senator Anjes Tjarks mit Riesenschritten voran: Es werden Radwege und der ÖPNV ausgebaut, günstige Tarife eingeführt, die neue App „Switch“ entwickelt, Pilotprojekte zum autonomen Fahren gestartet. All dies bekommen die Menschen in den Hamburger Randkreisen Schleswig-Holsteins, im Herzogtum Lauenburg, in Stormarn, Segeberg, Pinneberg hautnah mit.

Sie initiierten die Mobilitäts-Arbeitsgruppe in den Hamburger Randkreisen (v.l.) Susan de Vree (Segeberg), Ruth Kastner (Stormarn), Oliver Brandt (Herzogtum Lauenburg), Nadine Mai (Pinneberg). Hier bei einem Treffen im Sommer in Norderstedt.

Aber vor Ort erleben sie meist etwas anderes: hier enden viele Radwege und Buslinien an den Kreisgrenzen, viele Bahnen fahren nur im 30-Minuten Takt, die Querverbindungen von Ost nach West sind unzureichend, die Tarifzonen und Fahrpreise teils höchst ungerecht und viel zu teuer. Selten wird überregional geplant, es gibt zersplitterte Zuständigkeiten. In Hamburg dagegen hat der mächtige HVV alles in einer Hand. In Schleswig-Holstein ist Nah.sh für den Schienenverkehr zuständig, die Kreise – jeder für sich – bestellen die Busverkehre. Der Radwegebau und Unterhalt liegt je nach Straßenkategorie entweder bei der Gemeinde, beim Kreis oder beim Bund. Vom fehlenden Geld ganz zu schweigen.

„So werden wir die Mobilitätswende bei aller Anstrengung im Hamburg Rand mit seinen hunderttausenden Pendlern nicht hinbekommen“, sagt Ruth Kastner, die mit Nadine Mai aus Pinneberg, Oliver Brandt aus Lauenburg und Susan de Vree aus Segeberg eine Arbeitsgruppe Grüner Verkehrspolitiker*innen zusammengebracht hat. Seit dem Frühjahr hat die Arbeitsgruppe bei mehreren Treffen die kritischen Punkte herausgearbeitet und nun ein Elf-Punkte-Papier verabschiedet. Die sollen jetzt mit relevanten Akteuren diskutiert werden.

„Für die Mobilitätswende ist insbesondere eine enge Zusammenarbeit mit Hamburg unerlässlich“, lautet eine zentrale Aussage des Papiers und weiter heißt es: „Dass hier erheblicher Handlungsbedarf besteht, hat nicht zuletzt der OECD-Bericht zur Regionalentwicklung der Metropolregion Hamburg offengelegt.“

Es sind zunächst Forderungen an die Landesgrünen in Schleswig-Holstein, die besondere Situation der Kreise und Kommunen in der Metropolregion Hamburg stärker zu berücksichtigen, als dies bislang der Fall ist. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Kieler Landtag, Andreas Tietze, hat die Beratungen begleitet. „Das Mobilitätspapier der Grünen Kommunalpolitiker*innen aus dem Hamburger Rand ist ein Meilenstein. Es erkennt klar, dass Mobilität keine Landesgrenzen kennt. Menschen wollen sicher, pünktlich, verlässlich und klimagerecht mobil sein. Der Hamburger Rand hat ein hohes Potenzial auf der Schiene, bei Radwegen und bei integrierten und vernetzten Mobilitätsangeboten, die seit Jahren stiefmütterlich behandelt wurden. Die Grünen wollen das ändern“, freut sich Tietze.

 

So fordern die Grünen aus dem Hamburger Rand allen voran ein Ende der zersplitterten Zuständigkeiten, stattdessen einen einzigen Mobilitätsverbund für die gesamte Metropolregion, die enge Kooperation von Politik, Verwaltung, den Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Des weiteren müsse sich Mobilitätspolitik viel stärker an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Dazu soll eine einzige App entwickelt werden, mit der Fahrgäste künftig sämtliche Dienstleistungen abrufen können. Es brauche einfache, bezahlbare Tarife. Vorgeschlagen wird, eine Mobilitäts-Flatrate zu prüfen, analog zur Handy-Flatrate. Die Radfahrer*innen brauchen eine bessere Infrastruktur über alle Grenzen hinweg, sichere Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen und Bushaltestellen. Radschnellwege sollten über Landesgrenzen hinweg gemeinsam zügig geplant und gebaut werden.

Schon bei der Stadt- und Regionalplanung möchten die Grünen auf Verkehrsvermeidung setzen, etwa indem Arbeiten und Wohnen näher zusammenrücken. Mobilitätsmanagement in Unternehmen könne motorisierten Individualverkehr vermeiden helfen und natürlich sollen die Fahrzeugflotten schnellstmöglich auf fossilfreie, alternative Antriebe umgestellt werden.

„Für mich ist klar, dass diese Vorschläge von den Hamburgern, den Niedersachsen, den Mecklenburg-Vorpommern aufgegriffen werden müssen, um gerade nach der Coronakrise eine Mobilitätspolitik aus einem Guss für die Metropolregion zu gestalten“, sagt Tietze und macht klar, dass es nicht darum gehe, Regionen in Schleswig-Holstein gegeneinander auszuspielen. „Ganz im Gegenteil. Die Grünen in der Metropolregion Hamburg setzen auf frische Ideen und Kooperation.“

1 Kommentar

  1. Als Hamburger, der seit 15 Jahren in Bargteheide lebt und jahrelang beruflich nach Hamburg gependelt ist, kann ich die Arbeit der Grünen Verkehspolitiker*innen nur begrüßen und unterstützen. Meine Bitte ist, dass bei allen Planungen auch die Belange der Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf die Barrierefreiheit der Mobilitätsangebote angemessen berücksichtigt werden. Gemäß Personenbeförderungsgesetz MUSS der Öffentliche Personennahverkehr bis zum 1. Januar 2022 komplett barrierefrei sein!

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