Zehn Jahre nach der Katastrophe von Fukushima
KIEL. Am 11. März 2011 hielt die Welt den Atem an: Ein schweres Erdbeben löste damals nicht nur einen Tsunami, sondern auch einen Reaktorunfall in mehreren Kernkraftwerksblöcken im japanischen Fukushima aus. Die Katastrophe von Fukushima war ein Wendepunkt, nicht nur in der deutschen Energiepolitik. Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht sagt dazu: „Die Atomkraft war schon immer eine Hochrisikotechnologie. Wenn wir heute an den 11. März 2011 denken, dann werden viele von uns das nicht nur mit Entsetzten und voller Trauer um die Opfer tun, sondern auch mit der Gewissheit, dass damit eine Zeitenwende in der deutschen Energiepolitik eingeleitet wurde. Zehn Jahre später werden wir mit Brokdorf zum Jahresende endlich das letzte Atomkraftwerk Schleswig-Holsteins vom Netz nehmen.“
Ereignisse mit schweren Unfallabläufen in Kernkraftwerken waren lange Zeit als extrem unwahrscheinlich angesehen worden. Die Möglichkeit, dass es zu einer Kernschmelze kommen könnte, war dem unentrinnbaren „Restrisiko“ zugeordnet worden. Noch 1978 hatte diese Sichtweise des Gesetzgebers auch das Bundeverfassungsgericht bestätigt. Heute wissen wir: Jeder Mensch im mittleren Lebensalter hat eine Kernschmelze schon dreimal erlebt – 1979 in Harrisburg, 1986 in Tschernobyl und 2011 in Fukushima.
Die Katastrophe von Fukushima stellte nicht zuletzt für die Bundesregierung einen Wendepunkt dar. Man wisse nun, so die Bundeskanzlerin Mitte 2011 im Deutschen Bundestag, dass ein Restrisiko, das sich realisiert hat, eben nicht mehr als Restrisiko angesehen werden kann. Diese Auffassung teilte nicht nur eine breite Mehrheit im Bundestag, sondern auch in der deutschen Bevölkerung. „Aufgrund der erfreulichen Entwicklung, die die erneuerbaren Energien seither genommen haben, hat sich bestätigt, dass der Atomausstieg im Jahre 2011 in jeder Hinsicht die einzig richtige Entscheidung war“, sagte Minister Albrecht.
Wie es zu der Katastrophe von Fukushima gekommen ist und warum nicht nur die Möglichkeit eines Reaktorunfalls für den Atomausstieg spricht, hat das schleswig-holsteinische Energiewendeministerium im Jahre 2013 in der Broschüre „Wendepunkt Fukushima“ mit Fachbeiträgen externer Autoren erläutert. In der Broschüre wird zum Beispiel umfassend dargelegt, dass es immer wieder Probleme beim Zusammenwirken von Mensch und Technik sind, mit denen Ereignisfälle in kerntechnischen Anlagen in ursächlichem Zusammenhang stehen. Das hat heute unveränderte Gültigkeit. Die Broschüre bietet das Energiewendeministerium in Papierform und in seinem Internetangebot auch als Download an: https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/V/Service/Broschueren/Broschueren_V/Reaktorsicherheit/Wendepunkt_Fukushima.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Hintergrundinformationen:
Die Folgen der Reaktorkatastrophe sind in Japan bis heute spürbar. Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz ist das Sperrgebiet um das Kernkraftwerk Fukushima immer noch ungefähr so groß wie die Fläche der Stadt München.
In Schleswig-Holstein gibt es drei Kernkraftwerke. Durch die Atomgesetzänderung infolge der Katastrophe von Fukushima im Jahre 2011 verloren die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel unmittelbar ihre Berechtigung zum Leistungsbetrieb. Dagegen darf in Brokdorf laut Atomgesetz noch bis längstens Ende 2021 Strom produziert werden. Das Kernkraftwerk Brunsbüttel ging mit der Erteilung der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Dezember 2018 als erstes schleswig-holsteinisches Kernkraftwerk vom Nachbetrieb in die Stilllegung über. Für die Kernkraftwerke Krümmel und Brokdorf haben die Betreibergesellschaften auch jeweils Stilllegung und Abbau beim schleswig-holsteinischen Energiewendeministerium beantragt. Das Genehmigungsverfahren Krümmel ist bereits weit fortgeschritten, für Brokdorf läuft derzeit im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eine Online-Konsultation, in der diejenigen, die Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben haben, ihre Bedenken vertieft erläutern können.