Kinderinteressen wieder im Abseits?

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„Fähnchen gegen Kinderarmut“ heißt die Aktion des Kinderschutzbundes Stormarn, um die Kinder in den Blick zu nehmen, die hier in Armut aufwachsen. Am heutigen Weltkindertag werden dazu wieder viele blaue Fähnchen in den Boden der Schlosswiesen gesteckt, für jedes arme Kind in Stormarn eines. Zwei 6. Klassen der Stormarnschule und der Beruflichen Schulen Ahrensburg unterstützen dabei. In der vergangenen Woche fanden Workshops zum Thema Kinderarmut statt, in denen die Schülerinnen und Schüler über unterschiedliche Aspekte von Kinderarmut gesprochen haben.

„Kinder und Jugendliche fragen – politisch Verantwortliche antworten“

Zusätzlich zum gemeinsamen Fähnchenstecken findet auf der Schlosswiese noch eine Diskussionsrunde zwischen den beteiligten Schüler*innen und politisch Verantwortlichen im Kreis Stormarn und Schleswig-Holstein statt. Es gibt Fragen zu den monatlichen Beiträgen, die Kindern von Hartz-IV-Beziehenden zustehen, zu den konkreten Lebensumständen der betroffenen Kinder und auch zu den persönlichen Meinungen der Politiker und politisch Aktiven.

chüler*innen der 6. Klassen der Stormarnschule und der Beruflichen Schulen Ahrensburg, Ausbildung zu Sozialpädagogischen Assistent*innen Bilder: Kinderschutzbund Stormarn

Kinderarmut im Kreis Stormarn

Die neuesten Zahlen zur Kinderarmut im Kreis Stormarn zeigen erfreulicherweise, dass die Anzahl der Kinder in Armut gesunken ist. Für den gesamten Kreis Stormarn ist die Zahl laut unseren Berechnungen von knapp 8.000 von Anfang 2021 auf knapp 7.200 bis Ende 2021 gesunken. Möglicherweise hat sich die Situation für Familien mit wenig Einkommen leicht verbessert. Doch diese gute Nachricht wurde von der aktuellen Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges schon wieder überholt. Fachleute nehmen nun an, dass sich gerade die Situation von Familien im unteren Einkommensdrittel massiv verschärfen wird, sollten die Preise und auch die Inflation weiter steigen. Im Kinderschutzbund sind wir schon jetzt mit Familien konfrontiert, die ihre Energierechnung bzw. die extrem gestiegen Abschlagszahlungen nicht mehr tragen können. Hier ist der Bund gefragt, diese Familien zielgerichtet zu unterstützen. Auch unser Familienhilfe-Notfonds kann dabei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein.

Doch auch die Akteure hier im Kreis Stormarn sollten nicht untätig sein. Gerade jetzt kommt es darauf an, dass Familien auch die Leistungen erhalten, die ihnen zustehen. Stephanie Wohlers, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Stormarn, meint dazu: „Zu wenig Eltern wissen, dass sie Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes (BuT) haben, das allen Kindern zusteht, die bereits eine andere staatliche Leistung erhalten. Im Kreis Stormarn werden diese Leistungen nur von 15% der Eltern in Anspruch genommen, was im Bundesvergleich eine extrem niedrige Quote ist. Dabei können die Unterstützungsleistungen das Leben der Kinder entscheidend verbessern, indem sie z.B. für Klassenausflüge, Schulmaterial oder Nachhilfeunterricht bewilligt werden. Es muss das Ziel sein, die Eltern besser zu informieren und die Leistungen bürokratieärmer auszuzahlen.“

Wirksam gegen Kinderarmut

Auch der Landesverband des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein hat sich in diesem Jahr den Kampf gegen Kinderarmut besonders auf seine Fahnen geschrieben. Mit der Kampagne „Kinder haben Armut und Gewalt nicht gewählt“ begleiteten sie die Landtagswahlen und wurden von den Kreis- und Ortsverbänden darin unterstützt.

Viele Hoffnungen liegen zurzeit noch auf den Bestrebungen des Bundesfamilienministeriums, eine Kindergrundsicherung einzuführen, in der die unterschiedlichen Leistungen für Kinder zusammengeführt werden. Laut den bisherigen Planungen würden Kinder aus ärmeren Familien bis zu 547 Euro monatlich erhalten. Bislang sehen die Hartz-IV-Sätze für Kinder maximal 376 Euro für 14-17-Jährige vor. Dieses Paket würde den Bund etwa 20 Milliarden Euro kosten. Einige Beobachter vermuten bereits, dass dieses Vorhaben in der aktuellen Krisensituation möglicherweise zurückgestellt würde. Dazu Oliver Ruddigkeit, neuer Vorsitzender des Kinderschutzbund Stormarn: „Wir hoffen, dass die Kindergrundsicherung in den nächsten Jahren eingeführt wird und Kinder nicht wieder das Nachsehen haben. Leider hat uns die Corona-Krise gezeigt, dass die Interessen von Kindern immer wieder ignoriert werden, sobald andere Themen in den Vordergrund rücken. Doch das Thema Kinderarmut darf uns nicht kalt lassen.“

 

Für den Kreis Stormarn fordert der Kinderschutzbund u.a.:

  • Regelmäßige Armutsberichterstattung in den Städten und Kommunen
  • Investitionen in die „Kinder-Infrastruktur“, um benachteiligten Kindern wirkungsvoll zu helfen
  • Kommunale Hilfsfonds, die armen Kinder und ihre Familie fördern
  • Keine zusätzlichen Zahlungen für Eltern von Kita-Kindern
  • Kostenfreier Zugang für arme Kinder im Rahmen der offenen Ganztagsschule
  • Kostenfreie Nutzung von kulturellen Veranstaltungen für arme Kinder und deren Familien
  • Ausreichend kostenfreie Freizeit- und Ferienangebote in allen Städten und Gemeinden
  • Flächendeckende Einführung der Bildungskarte
Die Diskutant*innen mit den Veranstalter*innen:
· Oliver Ruddigkeit, erster Vorsitzender des Kinderschutzbund Stormarn
· Dr. Eberhard Schmidt-Elsaeßer, Landesverband des Kinderschutzbundes
· Ute Vöcking, Kinderschutzbund Stormarn
· Heinz Hartmann, Stv. Kreispräsident in Stormarn
· Eckart Boege, Bürgermeister der Stadt Ahrensburg
· Stephanie Wohlers, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Stormarn
· Andreas Guhr, Sozialverband VDK im Kreis Stormarn
· Frank Lauterbach, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses des Kreises Stormarn

Die Fähnchenaktion findet im Rahmen der Stormarner Kindertage statt. Diese sind eine Initiative Stormarner Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Die Koordination liegt beim Kinderschutzbund Kreisverband Stormarn e.V.

 

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