Jugend für Jugend zur Besetzung der Villa Wacker

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Stellungnahme und Erklärung zur Besetzung der Villa Wacker

Wir, die Jugend für Jugend (JfJ), existieren nun seit etwa einem Jahr. Grund für die Entstehung war das Vorhaben, mehr Räume für Jugendliche in Bargteheide zu schaffen. Denn dies wollten wir nicht länger den kommunalen Politiker*Innen alleine überlassen, sondern in Zusammenarbeit Konzepte kreieren und in der Stadt etablieren. Konkret hatten wir ein bestimmtes Gebäude im Fokus, welches all unseren Zielen gerecht werden würde: Die Villa Wacker. Das Haus mit der Adresse „An den Stücken 49“ ist seit 1920 hinter dem Bahnhof zu finden und wurde zwischenzeitlich als Wohnraum,
als Notunterkunft für Geflüchtete und vieles weitere genutzt. Doch seit ca. einem Jahrzehnt steht dieses Gebäude größtenteils leer. Grund dafür ist der Verkauf des Grundstückes an die Stadt. Somit eigentlich optimal für den Ausbau von Räumlichkeiten für Jugendliche, den die Stadt schon so oft versprochen hatte.

Wie uns in der Schule gelehrt, bemühten wir uns, den demokratischen Weg zu beschreiten und mit unserer Stimme unser Ziel zu erreichen. Freundlichst wurden wir von jeglichen Politiker*Innen begrüßt. Selbst die ehemalige Bürgermeisterin Kruse-Gobrecht sowie die derzeit amtierende Frau Hettwer schienen von diesem jugendlichen Engagement begeistert. So entstanden, resultierend aus unserer nicht zu bremsender Motivation, unsere ersten Konzepte und die Formulierung unserer Visionen.

Doch zuerst zum Anfang: Begonnen hat alles mit dem Bürgermeisterinnen-Duell. Dort wurde erstmals die Villa Wacker als „Ort der Begegnung“ bzw. als Ort für Jugendliche thematisiert. Für uns war damit unsere Annahme bestätigt, dass unsere Idee auf fruchtbaren Boden treffen wird. Hier nahm unsere Reise ihren Start. Als Folge dessen stellten wir uns im April im KiJuB vor, dem Kinder-Jugend-Beirat in Bargteheide.
Dass zwölf Jährige und Jüngere kognitiv nicht im Stande sind, für die gesamte Jugend politische Entscheidungen zu treffen, sei an dieser Stelle mal unerwähnt. Trotzdem gingen wir diesen Weg, zogen aber recht schnell den Schluss, da uns klar wurde, dass dieser Beirat mehr dem Schein dient als eine reelle Möglichkeit für Jugendliche zu sein, am politischen Geschehen teilzunehmen. Ein Paradebeispiel für die Instrumentalisierung von Kindern und Jugendlichen, um politisches Handeln, welches uns als junge Generation betrifft, zu legitimieren und das eigene Image aufzupolieren. Kommentare von anderen Gästen wie „Kommt doch gerne in die Kirche, wenn ihr Raum für Jugendliche wollt.“ bis hin zu „Wenn ihr von der autonomen Jugend wegwollt, kommt zu uns.“ bestätigten uns jedoch in unserem Vorhaben und ließen uns weiterkämpfen.

Nächste Station war also die damalige Bürgermeisterin, genauer gesagt die Wahlkampf Veranstaltung Kruse-Gobrechts auf dem Villa Wacker-Gelände, welche am 05.05 stattfand. Zu diesem Zeitpunkt besaßen wir bereits die erste Version unseres Konzeptes , welches freudig entgegengenommen wurde. Auch hier: Jede*r war über die Teilnahme von Jugendlichen an der zeitgleich für Jugendliche so unattraktiv gestaltete Kommunalpolitik begeistert. Im Verlauf der Veranstaltung wurde uns empfohlen, sich im Ausschuss für Bildung, Jugend, Sport (BJS) auf die Tagesordnung setzen zu lassen.
Doch zuerst stand unser Treffen mit Frau Hettwer an. Die Villa Wacker war natürlich hier ebenfalls Thema. Man wolle uns unterstützen, man habe ja sogar genau das vor, was ihr vorschwebe.

Wir trafen auf gewohntes Terrain; Freundliche Worte, Hände schütteln und leere Zusagen.
Ein zweites Treffen wurde vereinbart und fand am 30. Mai statt, somit stand vor uns nun die amtierende Bürgermeisterin. Wir arrangierten für das Treffen die Räumlichkeiten der Villa Wacker. Dabei stellten wir die zweite Version unseres Konzeptes vor und veranschaulichten unsere Pläne für die Villa mit einem Rundgang um das Gebäude. Folgend gingen wir auch auf die Problematiken des Gebäudes ein. Erstmals schienen hier die Interessen gewisser Parteien, welche Frau Hettwer im Wahlkampf unterstützt hatten, mit unseren in Konflikt zu geraten. Dennoch waren wir zuversichtlich, dass der eingeschlagene Weg der richtige sei. Wie falsch wir doch lagen!

Wie uns nahegelegt zogen wir weiter gen Ausschuss, welcher am 1. Juni tagte, immer noch getrieben von der Überzeugung, dass man der Jugend wirklich zuhöre und Worten auch Taten folgen ließe. Im BJS stellten wir uns als Gruppe vor und präsentierten die zweite Version unseres Konzeptes, welches jedoch einen Haken hatte: Unser Konzept setzte auf Zusammenarbeit und Dialog.

In Vorbereitung auf den BJS starteten wir zudem eine Petition, welche von ca. 200
Jugendliche unterschrieben wurde. Wie erwartet, folgten typischerweise zustimmende
Lippenbekenntnisse. Im selben Atemzug wurde jedoch versucht, uns von der Villa Wacker zu trennen. Auch hier hätten wir erneut merken müssen, dass die Politiker*Innen nicht am dialogbasierenden Weg interessiert waren. Beendet wurde dieser Tagesordnungspunkt mit der Zusage, dass man sich bei uns melde. Wir warten immer noch.

Trotz allem schien ein Stein ins Rollen gebracht geworden zu sein. Das Bündnis90/die Grünen verfasste den ersten Antrag für den Erhalt der Villa Wacker (Anlage 1.4) und sprachen sich, zu unserer Freude, für eine Schlüsselvergabe an uns aus. Somit wäre es uns möglich gewesen, in KoExistenz mit „To Hus“ und dem Verein „Bunte Vielfalt“, welche von allen Seiten für ihre soziale Arbeit in höchsten Tönen gelobt werden, zu leben. Zwar wären wir damit immer noch weit von einem Jugendkulturhaus, das im Besitz der Jugend ist, entfernt, aber immerhin ein ganzes Stück näher. Aber ein Raum für Jugendliche, der zum Austausch und zur Selbstverwirklichung dient? Wo würden wir da denn hinkommen?

So ließ ein Gegenantrag der SPD nicht lange auf sich warten. Dieser beinhaltete einen Architektenwettbewerb sowie umfangreiche Bebauungen, damit jene, die ausreichend schwere Geldbeutel mit sich tragen, sich ihren Tempel im vorgesehen Baukomplex, welcher auf der Fläche der dann abgerissenen Villa Wacker ruhen würde, errichten können. Natürlich findet sich dieses Ziel nur mit entsprechenden Hintergrundwissen zwischen den Zeilen. So wurde sich des Öfteren verplappert und bereits intern besprochene Pläne für das Grundstück offenlegt.

Mit Mehmet Dalkılınç trafen wir uns in diesem Zuge, jedoch nicht zu unserer Zufriedenheit. Anstatt der Jugend und unseren Wünschen wirklich zuzuhören, prangerte er den Zustand der Villa an und sprach von oben zur Jugend herab. Wie zu erwarten macht sich ein Bauprojekt, welches die Taschen einiger füllt, besser, als die Förderung sozialer Räumlichkeiten. So gewann der Antrag der SPD im Bauausschuss am 30. Juni die
Mehrheit an Stimmen. Allerdings sprach sich Mehmet Dalkılınç in einem Statement vor dem versammelten Bauausschuss für eine Schlüsselvergabe an uns aus. Eine namentliche Benennung im Antrag blieb jedoch aus. Verbindlichkeiten wurden somit umgangen. Auch hier wurde sich erneut mit Jugendfreundlichkeit gebrüstet.

Nach mehrfachen Nachfragen stellten wir fest: Einen Schlüssel wird es für uns niemals geben. Damit endete unsere Reise in der Kommunalpolitik. Vereinzelte Wiederbelebungsversuche verliefen im Sande, am Rande kamen bereits genannte Politiker*Innen erneut auf uns zu, doch echtes Interesse blieb aus. So kehrten wir in uns und begannen mit den ersten Recherchen. Recherchen über vergangene Kämpfe, über die Geschichte der Jugendräume in Bargteheide und über in der Vergangenheit
verbliebende Jugendgruppen. Die Erkenntnis, dass nicht erst seit Jahren, sondern seit Jahrzehnten, fast schon seit einem halben Jahrhundert, die Kommunalpolitik die Jugend strukturiert und konsequent vergisst, verfestigte sich. Auch in den 2000er Jahren gab es Demonstrationen und Aufrufe mit dem Tenor „Bargteheide wächst, wo bleibt die Jugend?“

Diese vergessene Wut fand in uns einen neuen Träger. Dieser Kampf wird diesmal anders enden. Nicht erneut lassen wir unsere Räumlichkeiten dritteln, wie es einst mit dem JuZe passierte, nicht erneut lassen wir uns mit Containern am Städterand als geplante Übergangslösung abspeisen, wie es einst mit dem autonomen Jugendhaus geschah und wir werden uns auch nicht noch einmal Grundstücke versprechen lassen, welche nicht übergeben werden, wie es den Pfandfinder*Innen erging. Das alles sollte doch endlich das letzte Mal sein! Der dialogbasierende, freundliche und aufgeschlossene Weg ist, so sehr wir es auch versuchten, hoffnungslos. Die Politik lässt uns somit keine andere Wahl. Als aller letztes Mittel müssen wir uns die Räumlichkeiten nehmen, die uns zustehen und so oft versprochen wurden. Wir werden als Jugend uns das geben, was wir brauchen, da es sonst niemand tut: Ein geschützten Raum für Austausch, für die Freizeit und für die Selbstverwirklichung in Projekten. Deshalb wurde die Villa Wacker am 07.10 besetzt.
Schon in der Vergangenheit bewies die Jugend, dass Projekte wie unsere Solidaritäts-Küfa , der Bau eines Schenk-Eck´s (Anlage 1.8), ein antisexistisches Café (Anlage 1.9) und vieles mehr selbständig erfolgreich durchgeführt und etabliert werden konnten.
Wir werden an diese Projekte anknüpfen und den neu gewonnenen Raum ausgiebig dafür nutzen. Ein entsprechender Time-Table wird die kommende Woche über veröffentlicht.
Wir werden den nun erlangten Raum reinigen, anpassen, verbessern und unser Konzept endlich realisieren. Vor allem werden wir beweisen, dass die Villa nicht in solch einem maroden Zustand ist, wie andauernd behauptet wird, um den Abriss zu legitimieren. Jeglicher Schimmel, mit welchem argumentiert wurde, ist ausschließlich im Anbau zu finden und lediglich oberflächlich. Die Bausubstanz aller Gutachten nach ist in einem guten bis sehr guten Zustand.

Wir sehen keinen Grund, ein Gebäude in einer Zeit mit solch hohen Rohstoffpreisen abzureißen, wenn zugleich die Räumlichkeiten ganz simpel für das verwendet werden können, was schon so oft versprochen wurde.

Die JfJ

JfJ Anlage 1-1

JfJ Anlage 1-2 Konzept

JfJ Anlage 1-3

 

2 Kommentare

  1. Leider oder wie fast überall sind auch die meisten Politiker in Bargteheide teils Freunde und teils Vasallen von Investoren und Maklern. Dieses Geflecht aus Korruption und Kumpanei bestimmt die Stadtentwicklung und den Umgang mit den Bürgern,- sehr zum Nachteil auch der Jugend. Dieser unsozialen, weil kommerzorientierten Politik in Bargteheide ist es sehr schwer etwas entgegen zu setzen. Der Park mit Villa müssen erhalten bleiben. Für wen auch immer.

  2. Der Park und das Wohnhaus sind erhalten geblieben, weil die Stadt auf Vorschlag der WfB (Wählergemeinschaft für Bargteheide) vor etwa zehn Jahren das Gelände gekauft hat.

    Zusammen mit BASTA haben wir in den Folgejahren die Planung und den Bau eines Parkhauses und mehrstöckiger Wohnhäuser auf dem Areal verhindert. Der entsprechende Bebauungsplanentwurf von 2017 wird nicht mehr realisiert. Wir ehrenamtlichen Stadtvertreter waren es also, die das illegale Abholzen der Bäume beendet, die Grünachse erhalten, die Vertreibung der Krähenkolonie gestoppt und das Wohnhaus „An den Stücken 49“ erhalten haben.

    Wer – wie hier Herr Fischer – die ehrenamtlichen Lokalpolitiker massiv kritisiert, sollte Ross und Reiter nennen. Wer hat „zum Nachteil der Jugend“ gearbeitet und in welcher Weise? Wer gehört zum „Geflecht aus Korruption und Kumpanei“? Solche pauschalen, in keiner Weise belegbaren Vorwürfe sind nur üble Nachrede.

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