Lampedusa hautnah erlebt

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Bargteheide – Ein rostiger Kahn mit einigen Autoschläuchen und Kanistern darin zeugt noch von der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer nach Lampedusa. Geesche Wilts hat das Geschehen auf der italienischen Insel vor der libyschen Küste erforscht. In der Jugendkulturhalle berichtete die Archäologin jetzt über ihre Erfahrungen mit der Situation der Flüchtenden dort.

Die Archäologin Geesche Wilts hat die Fluchtsituation auf der Insel Lampedusa erforscht

Viele erreichen nicht einmal die rettenden Küsten Europas. Sie ertrinken im Mittelmeer, wenn ihre nicht seetüchtigen Schlauch-, Blech- oder Holzboote auf dem Meer scheitern. Das Geschehen verlagere sich zunehmend auf Tunesien als Fluchtpunkt, so Wilts. „An der tunesischen Küste bei der Stadt Sfax werden jeden Monat mehrere Hundert Leichen angespült“, sagt sie.

Im vergangenen Jahr machte Lampedusa Schlagzeilen, als dort binnen eines Tages 5000 Geflüchtete eintrafen. Auf der Insel leben nur 5500 Einwohnende. „Jeder von ihnen hat schon eine Leiche gesehen. Sie fühlen sich als Sündenböcke für die übrige Welt, die das nicht wahrhaben will“, sagt die Archäologin. Als solche hat sie das dortige Geschehen mit wissenschaftlichen Maßstäben erkundet und vermessen. Es soll der Stoff für ihre Doktorarbeit werden.

Die Boote sind heute meist aus Metall, die Bleche sind oft gerade mal einen Millimeter stark und meist nur dilettantisch zusammengeschweißt. Auf einem 6,50 bis 8 Meter mal 2,30 Meter großen Boot würden im Schnitt 30 Menschen transportiert. „Die zahlen dafür heute nur etwa 300 Euro“, sagte sie. Es gibt einen großen Preisverfall. Ein Foto zeigt so ein Wrack, das vor einer unpassierbaren Steilküste dümpelt. Gefährlich sind auch die Flüssigkeiten in den Booten, die sich aus einem Gemisch von Rost und Treibstoffresten bilden. „Das sorgt für verätzte Füße, hinzu kommen Verbrennungen an dem heißen Metall“, sagt sie. Sachlich und ohne anzuklagen oder zu werten trug Geesche Wilts ihre Erfahrungen vor. Schade, dass nur zwei Dutzend Teilnehmende dabei waren.

Ein akribisch vermessenes Fluchtboot

Und was können wir tun? „Spenden für die Seenotrettung“, sagt Geesche Wilts. Und der Hass gegen Fliehende in den sozialen Medien heute mache sie sprachlos.

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