Bei Klimaschutz und Digitalisierung fehlt der politische Wille
Die Bargteheider Fraktionen, der parteilose Stadtvertreter, die Verwaltung – alle zusammen haben in fünf Lesungen und unter Coronabedingungen einen städtischen Haushalt für das Jahr 2021 aufgestellt. Mit der Zustimmung der Stadtvertretung zur Haushaltssatzung am 25. März endet die vorläufige Haushaltsführung, nun können freiwillige Leistungen wieder bezahlt werden.
Der Gesamthaushalt umfasst rund 80,6 Mio Euro, das sind knapp 800.000 Euro weniger als im Vorjahr. 64,1 Mio Euro stecken allein im Verwaltungshaushalt. Dank der Zuführung von Rücklagen und eines Überschusses aus dem vergangen Jahr, kommt die Stadt noch einmal ohne neue Schulden aus.
Aber seit einem Jahrzehnt mahnt der Kämmerer, Joachim Teschke, dass die Politiker*innen zu viel Geld ausgeben und die Folgekosten etwa bei Baumaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigen. In diesem Jahr kommt noch erschwerend hinzu, dass der prozentuale Anteil der abzuführenden Umlagen (Kreisumlage, Finanzausgleich, Gewerbesteuerumlage) innerhalb eines Jahres um 15 Prozent gestiegen ist, von 12 Mio Euro auf 16,5 Mio Euro in 2021.
Angesichts der Bargteheider Kassenlage wurde nun erstmals seit langem in großer Einigkeit aller Parteien die Einnahmeseite erhöht: Gewerbesteuer, Hundesteuer, Spielgerätesteuer.
Besonders die Beschlüsse zur Kita-Finanzierung kommen die Stadt teuer zu stehen. Es war Vorgabe der Grünen wie auch ausnahmslos aller Kommunalpolitiker*innen, die Qualität der Kita-Betreuung in Bargteheide auf dem vorhandenen Niveau zu halten und sogar noch zu erhöhen: So gibt es Geld für eine zweite Fachkraft in den Gruppen, für Küchenhilfen, für mehr Verfügungsstunden als bisher, eine Zuzahlung zum Verwaltungsaufwand der Kita-Träger und Geld für Sachmittel. Wir danken besonders Ina Schaefer, der Vorsitzenden des Ausschusses Bildung, Jugend, Sport, und dem Fachbereich 3 unter Rene Brüser für die geduldige und ergebnisorientierte Arbeit.
Wofür die Grünen kein Verständnis aufbringen, ist die Tatsache, dass die Mehrheit der Kommunalpolitiker*innen der Stadtverwaltung die nötigen Stellen für die Digitalisierung verweigert. Es wurden darüber hinaus noch Gelder für die IT-Fortbildung der Mitarbeitenden reduziert. Dies ist umso unverständlicher angesichts der eklatanten Versäumnisse bei der Digitalisierung in den vergangenen zwanzig Jahren, wie in Prüfberichten regelmäßig nachzulesen. Zukunftsorientiert ist das nicht.
Trotz aller Warnungen auch des Personalrats wurde das Personalbudget der Stadtverwaltung von der Mehrheit der Politik noch unter das Niveau des Vorjahres gedeckelt. Mit der Folge, dass etwa Fachbereichsleitungen weiterhin Sachbearbeitung mit erledigen müssen. Der Motivation der Mitarbeitenden und der Leistungsfähigkeit der Verwaltung dient das nicht.
Auch für den Klimaschutz sei kein Geld da, hieß es bei den Beratungen regelmäßig von Seiten der CDU, FDP und WfB. Etliche Haushaltsstellen, die dem Klima- oder Umweltschutz zugute kommen sollten, wurden halbiert oder gar gestrichen. Externe Gutachten und Sachverstand werden angeblich in Bargteheide nicht gebraucht, als könnten manche Kommunalpolitiker mit ihrem Alltagswissen alles bestens regeln. Pilotprojekte für eine andere Mobilität, sei es Carsharing oder die Akzeptanz von Mobilitätskonzepten – wird ausgebremst oder abgelehnt. So geht Stillstand.
Für die Jugendlichen, die sich um ein gutes Leben in Zukunft sorgen, ist das eine ungeheure Provokation.
Überhaupt wird für die Jugend zu wenig getan. Dass die Stadt als Schulträgerin alle Schulen unterhalten muss, ist das eine. Dass den Jugendlichen aber in Aussicht gestellte Verbesserungen ihrer maroden Schulhöfe unterer anderem aus Geldgründen versagt werden, wie jetzt die Ablehnung des Multifunktionsspielfeldes – ist nicht akzeptabel. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg…
Wenn schon kein Leitbild für die künftige Entwicklung der Stadt – der Antrag von Grünen und SPD wurde bedauerlicherweise abgelehnt – so arbeitet Bargteheide wenigstens an einem integrierten Stadtentwicklungskonzept für einen lebendigen Ortskern. Der Verwaltung sei Dank.
Nur der guten Ordnung halber ist anzumerken, dass das Multifunktionsspielfeld im Schulzentrum und die gesamte Schulhofgestaltung in der Stadtvertretung nicht abgelehnt wurden. Es gab dazu weder einen Tagesordnungspunkt, noch einen Antrag und auch keine inhaltliche Beratung. Beantragt wurde lediglich, eine Viertelmillion Euro in den Haushalt einzustellen für den Fall, dass die Planung schon in 2021 fertig wird. Das ist aber illusorisch.
Der zuständige Bauausschuss (BBO) hat bisher darüber weder beraten noch einen Beschluss fassen können. Die dazu notwendigen öffentlichen Sitzungen mit persönlicher Anwesenheit waren wegen Corona alle abgesagt worden. Reguläre Sitzungen sind aber zwingend erforderlich, damit die Beteiligten und Gutachter einbezogen werden können. Das kann aus rechtlichen Gründen nicht durch die Stadtvertretung „mal so eben“ ersetzt werden. Alle Betroffenen haben ein Recht, gehört zu werden. Zum Glück werden bei uns die Bürgerrechte nicht durch den „Willen“ weniger oder Einzelner übergangen, die für sich einen „Weg“ einfordern. Eine legale Planung dauert nun mal ihre Zeit, vor allem dann, wenn eine Pandemie dazwischen kommt.
In der Haushaltsberatung wurde, ohne einen Ausschussbeschluss, ohne Unterlagen und Beratungsergebnisse, ad hoc ein Betrag von 250.000 Euro für den Teilbereich „Multifunktionsfeld“ beantragt. Wegen Corona wird es jedoch voraussichtlich noch bis Ende 2021 dauern, bis die erste reguläre Sitzung des BBO stattfindet. Ob die Planung in 2022 abgeschlossen werden kann, ist fraglich.
Die planlose Beantragung einer Viertelmillion Euro beweist nicht die Fürsorge für die Schulkinder, sondern ist eher ein Indiz dafür, dass Parteien sich für die Wahlen profilieren möchten. Auf dieser Ebene sollten Entscheidungen aber besser nicht getroffen werden.
Norbert Muras