The Joni Project feiert im Kleinen Theater Bargteheide Joni Mitchells Meilenstein-Album „Blue“
Die kanadische Singer-Songwriterin Joni Mitchell ist eine Legende. Mit ihrer Stimme, Musik und ihren Texten hat die heute 77 Jahre alte Musikerin nicht nur ihre Generation, sondern unzählige andere Musiker inspiriert, darunter so bekannte Namen wie Annie Lennox, Chrissie Hynde, Christopher Cross, Prince, Björk, Herbie Hancock, Taylor Swift und Bob Dylan.
Das Musikmagazin „Rolling Stone“ wählte Mitchells Album „Blue“ im Vorjahr auf Platz 3 der 500 besten, im „Time Magazin“ schaffte „Blue“ es in die Auswahl der 100 wichtigsten Musikalben. Das 50. Jubiläum des 1971 erschienenen Meisterwerks haben die drei Singer-Songwriterinnen und Multi-Instrumentalistinnen Stefanie Hempel (44), Anne de Wolff (50) und Iris Romen (44) zum Anlass für ein gemeinsames Projekt genommen. Für das Joni Project hat sich das Trio ganz in die zehn Songs des Albums vertieft und ihren inneren Kern ergründet, sich auf die ungewöhnlichen, komplexen Arrangements und die schonungslos ehrlichen Texte, in denen Mitchell ihre Erlebnisse, Krisen und Beziehungen verarbeitete, eingelassen.
Die Initiatorin des Projekts, Stefanie Hempel, sagt: „Joni Mitchells Songs werden wenig live in Deutschland gespielt, mir war aber klar, dass sie hier viele Fans hat.“ Wenn man Mitchells Aussagen genau verstehen wolle, müsse man in die tiefgründigen Texte hineingehen. „Darin sind so viele Erfahrungen“, sagt Hempel. „Wenn man sich damit beschäftigt, kommt man nicht umhin, sich auch mit sich selbst auseinanderzusetzen. Sonst kann man ihre Geschichten nicht authentisch erzählen.“ Mitchells Leben sei alles andere als perfekt gewesen. Sie habe viele Krisen durchgestanden, ihre Tochter zu Adoption freigegeben, weil sie sie nicht versorgen konnte, und viele intensive Liebesgeschichten erlebt, die schnell wieder zu Ende gegangen seien, darunter mit Graham Nash und James Taylor. „Das Drama und die Traurigkeit in ihren Songs wird fast immer aufgefangen durch Witz in den Texten“, so Hempel. Als Beispiele führt sie einige Zeilen aus „My old man“ an: „But when he’s gone, Me and them lonesome blues collide. The bed’s too big. The frying pan’s too wide.“ Bittersüße Zeilen, vorgetragen mit engelsgleicher Stimme und ungewöhnlichen Harmonien unterlegt. „Und trotz allem ist immer so eine Leichtigkeit in ihren Stücken“, findet Hempel.
Sie selbst spielt seit ihrem siebten, achten Lebensjahr Instrumente, hörte mit neun Jahren das erste Mal Musik der Beatles. Ein Erweckungserlebnis, das sie fürs Leben prägte und später dazu führen wird, dass sie mit ihrer Beatles-Tour durch St. Pauli die Fans des Quartetts begeistert. Doch erst einmal kommt sie 1989 von der DDR in den Westen. Ihr neuer Klavierlehrer hat ein Faible für die großen Songwriter, die den Blick nach innen richten, bringt ihr James Taylor, Jackson Browne und Crosby, Stills, Nash & Young näher. Nur Joni Mitchell, „die fand ich gar nicht gut, als 13-Jährige gefiel mir die hohe Stimme überhaupt nicht“. Als zwei Jahre später der Lehrer die Musikschule verlässt, geht Stefanie Hempel nach der letzten Stunde traurig nach Hause und legt „Blue“ von Joni Mitchell auf. Und fühlt plötzlich eine tiefe Verbindung, stößt in den Songs auf einen intensiven Widerhall ihres Abschiedsschmerzes, hört die Platte immer wieder, die ganze Nacht. „Das war der Beginn einer großen Liebe an der Schwelle des Erwachsenwerdens“, sagt Hempel rückblickend.
Die Idee zu dem Projekt sei ihr im tiefsten Lockdown gekommen. Als sie überlegt habe, welche Frauen dafür infrage kämen, sei ihr sofort Anne de Wolff eingefallen. „Mit ihr wollte ich schon immer etwas machen, sie ist super im Harmoniegesang und eine der besten Studiomusikerinnen Deutschlands.“ Die Liste der Musiker, mit denen de Wolff bislang zusammengearbeitet hat, ist zu lang, daher sei exemplarisch BAP erwähnt, mit denen sie seit 2014 tourt. Iris Romen hätten beide nicht persönlich gekannt, „aber befreundete Musiker haben mir immer gesagt, ihr müsst euch mal treffen“. Sie habe eine besondere Stimme. Hempel sagt: „Meine ist tiefer, ich decke eher die ältere Joni ab.“ Als sie erfahren habe, dass Romen ebenfalls Multi-Instrumentalistin sei, habe sie sie einfach angerufen und ihr von dem Projekt erzählt. „Ich habe gesagt, wir können bestimmt in der Elbphilharmonie spielen, dabei war das noch gar nicht ganz sicher.“ Hempel lacht. Romen sagte spontan zu.
Ob die Aussicht auf einen Auftritt – zudem es auf dem Vorplatz der Elbphilharmonie sogar zweimal kam – oder das Projekt den Ausschlag gegeben hat, ist nicht überliefert. Passend zum Albumtitel „Blue“ fand das erste Treffen der drei Frauen im „BluHouseStudio“ in Hamburg-Wellingsbüttel statt. „Nach einer Stunde war klar, das wird eine richtig tolle Zusammenarbeit. Wir wollten den Kern der Songs bewahren, aber eigene Arragements machen. Bei zehn Liedern war das ein hochemotionaler Prozess“, erläutert Hempel, die mit dem Ergebnis hochzufrieden ist. „Ich wusste zuvor gar nicht, können die beiden was mit Joni Mitchell, mit ihrer Komplexität und Kompliziertheit anfangen.“ Es stellte sich heraus, dass Iris Romen „Joni geliebt hat, aber sie nur häppchenweise hören konnte und nicht so vertraut mit der Platte war“. Doch zu dritt hätten sie es geschafft. schaffen wir das irgendwie. Anne de Wolff waren dagegen nur die großen Songs wie River ein Begriff. „Jetzt will sie nicht mehr ohne“, sagt Hempel.
In dem Gesang und dem Spiel der drei Musikerinnen lassen sich immer wieder neue Aspekte entdecken. „Wir leben diese Songs und bringen sie mit einer großen emotionalen Kraft auf die Bühne.“ Sie habe noch nie so viel gefühlsmäßiges Feedback nach ihren Auftritten bekommen, erzählt Hempel. „Es ist erstaunlich, wie viele Männer danach zu uns kommen und erzählen, wie berührt sie sind.“ Selbst ihr 16-jähriger Sohn, der sonst Beats produziere und eigentlich nicht zum Konzert habe kommen wollte, sei danach völlig begeistert gewesen und habe gesagt, es sei mit dem vielen Gesang und den unterschiedlichen Instrumenten das beste Konzert gewesen. Für Hempel sind es „einfach die ehrlichsten und schönsten Songs, die man sich vorstellen kann“.
Konzertbesucher können am Sonntag, 7. November, ab 19 Uhr im Kleinen Theater der Songwriter-Ikone Joni Mitchell ein ganzes Stück näher kommen und zugleich die Wirkung ihrer Songs verspüren. Das Joni Project füllt den Raum mit betörenden Klängen und lässt das Publikum an einem reichen Erfahrungsschatz teilhaben, den es sich zu entdecken lohnt.
Ein Muss für alle Mitchell-Fans und für alle anderen eine seltene Gelegenheit, sich von den live interpretierten Songs in den Bann ziehen zu lassen. Und so mancher Zuhörer, der nur als Begleitung zum Konzert gekommen sein mag, könnte es als neuer Fan verlassen.
The Joni Project – A Celebration Of Joni Mitchell’s Album „Blue“
Sonntag, 07. November 2021 um 19 Uhr
Eintritt
VVK 26 Euro, VVK ermäßigt 24 Euro
AK 28 Euro, ermäßigt 26 Euro
Corona Hinweis: Bitte informieren Sie sich vor allen Veranstaltungen über die geltenden Hygienevorschriften auf unserer Webseite! Vielen Dank! www.kleines-theater-bargteheide.de