Bargteheide – Viele Bürger*innen bewegen Themen wie das Insektensterben, die Demonstrationen vieler Bauern oder die Nitratbelastung im Grundwasser, also dem Trinkwassrer. Das zeigte auch die enorme Resonanz auf eine Veranstaltung der Bargteheider Grünen. Denn etwa 250 Besucher waren zu ihrer Diskussion über die mögliche Kluft zwischen Ökonomie und Ökologie ins Ganztagszentrum gekommen.
Drei Landwirte aus der Stadt kamen dabei zu Wort, außerdem der Landtagsabgeordnete der Grünen, Bernd Voss. Er ist ebenfalls Landwirt. Ihr gemeinsames Fazit: Die Verbraucher haben es mit in der Hand, wie ihre Lebensmittel produziert werden. Wenn sie bereit sind, faire Preise zu bezahlen. „Wir haben die niedrigsten Lebensmittelpreise in ganz Europa“, so Matthias Görtz. Das Bewusstsein und die Wertschätzung der Verbraucher für Qualität verschwinde mehr und mehr.
Denn vor allem die Billigheimer der vier großen Lebensmittelketten drücken auf die Erzeugerpreise. „Ich bekomme zurzeit 33 Cent für den Liter Milch“, sagte er. Die Produktionskosten dafür lägen zehn Cent höher.
Die Überschüsse der Produktion werden exportiert und ruinieren die Märkte für einheimische Produzenten, so wie in Afrika zum Beispiel. Denn die Bauern dort können mit dem Preis der EU-subventionierten Lebensmittel nicht konkurrieren. „In Deutschland liegt die Milchproduktion 20 Prozent über dem Bedarf der Verbraucher“, so Görtz. Beim Rindfleisch gebe es ein Defizit von sieben Prozent. Die Landwirte fürchten weitere Billig-Konkurrenz durch Importe aus Südamerika, mit den Ländern gibt es jetzt ein Freihandelsabkommen.
Im Land gebe es nur noch drei größere Schlachtbetriebe, sagte Axel Steinmatz: „Die Kapazitäten hier wurden wegen Hygiene- und anderen Vorschriften der EU abgebaut.“ Heute würden ganze Schweineladungen in Lastwagen bis nach Perleberg und Leipzig transportiert.
Die Verbraucher benötigten aber auch klare Herkunfts-Kennzeichnungen, so Voss: „Die gibt es bisher nur für Eier und Bioprodukte, aber nicht für Milch.“ Jede Lebensmittelkette habe ihre eigenen und damit unübersichtlichen Label entwickelt. Die EU-Subventionen für die Landwirtschaft seien bisher nur an die Flächengröße der Betriebe gekoppelt und müssten anders verteilt werden: „Vielfalt der Produktion, der Anteil von Grünland und die Zahl der Arbeitskräfte sollten eine größere Rolle spielen.“
„Am liebsten wäre mir, wenn es gar keine Subventionen gäbe“, sagte Görtz unter Applaus, „in der EU ist das Preisgefüge durcheinander.“ Höhere Standards nur in Deutschland würden zu Importen aus dem Ausland führen, so Biobauer Hauke Ruge: „Dann wird dort weiter schmutzig produziert.“
Die Nitratbelastung im Grundwasser sei in der Region gering, sagte Steinmatz: „Hier gibt es keine Massentierhaltung.“ Das Netz der Messbrunnen sei aber zu grob und zu alt: „Wir brauchen ein engeres Netz um zu sehen, wo es Probleme gibt.“
Die Landwirte betonten, dass sie bereits viel für bessere, artgerechte Haltungsbedingungen getan hätten. Es gebe viel mehr Luft und Licht in den Ställen, es werde deutlich weniger Gülle ausgebracht. „Wir haben da schon viel getan, aber nicht ausreichend darüber informiert“, so Görtz. „Man hat in den letzten Jahren versäumt, die Bevölkerung mitzunehmen“, sagte Steinmatz, „da gibt es Nachholbedarf.“ Bei Interesse sei sie herzlich eingeladen, seinen Hof zu besichtigen. Auch die anderen Landwirte boten das spontan an.
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