Schlingerkurs der CDU beim Carsharing sorgt für Kritik

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Fraktionen kritisieren Schlingerkurs der CDU beim Carsharing

Die jüngsten Aussagen der Bargteheider CDU zur Einführung eines Carsharing-Projekts stößt bei anderen Fraktionen auf Unverständnis. Im September vergangenen Jahres war hierzu ein einstimmiger Beschluss gefasst worden. Im Interesse der Reduzierung des CO₂ Ausstoßes in Bargteheide wurde die Verwaltung beauftragt, zeitnah die Ausschreibung eines unternehmensgestützten Carsharings mit zwei Elektrofahrzeugen durchzuführen.

Die Klimaschutzbeauftragte Ulrike Lenz hatte das Projekt erstmals im Mai 2018 vorgestellt. Die veranschlagten Kosten von knapp 120.000 Euro über drei Jahre werden mit 55 % von der Aktivregion Alsterland gefördert. Dass die CDU nun behaupte, der Stadt entstünden Kosten von 77.000 Euro sei nicht nachzuvollziehen, äußert sich der fraktionslose Stadtvertreter Klaus Mairhöfer. Das entspräche nicht den Tatsachen. „Entweder konnte oder wollte der Sachverhalt nicht verstanden werden“, vermutet er und bietet seine Hilfe bei der Aufklärung an.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Mehmed Dalkilinc nannte den „Schlingerkurs“ schlicht unprofessionell und peinlich.

Ausschussvorsitzender reibt sich die Augen

Matthias Leidner, der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energie (UKE), der die Sitzung geleitet hatte, sagt dazu: „Da reibt man sich die Augen. Nach intensiver Diskussion über die Wirtschaftlichkeit, weitere Ankerkunden und die großzügige Förderung haben alle vier CDU Mitglieder der Ausschreibung des unternehmensbetriebenen Carsharings zugestimmt.“

Mehr Mobilität – weniger Zweitwagen

Durch das Projekt könne die Anschaffung von Zweitwagen verringert werden, meint Mairhöfer. Die Stadt könne die Preisgestaltung selbst in die Hand nehmen. Junge Familien, Jugendliche und Singles bekämen so die Möglichkeit, günstige Wochenend- und Abendtarife zu nutzen, wodurch ihre Mobilität weiter erhöht werde.

Zudem spricht die CDU über 49.000 € Marketingkosten, nicht jedoch über die den Zuschuss der Region Alsterland, wohl wissend, dass ein solches Projekt ohne Öffentlichkeitsarbeit nicht funktioniert.

Mairhöfer hatte einst das größte Mobilitätsprojekt Deutschlands im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums und der Technischen Hochschule Deggendorf jahrelang verantwortlich betreut.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4 Kommentare

  1. Zu diesem Artikel sind einige Anmerkungen sinnvoll.

    Zum einen wurde seinerzeit im Umweltausschuss von Herrn Mairhöfer behauptet, mit den zwei Carsharing-Elektrofahrzeugen ließen sich jährlich 7,5 Tonnen CO2 einsparen. Das ist zwar falsch, hat aber die Abstimmung stark beeinflusst. Tatsächlich emittieren Elektrofahrzeuge der Golf-Klasse 142g CO2 pro km. Die genannten 7,5 t CO2 fallen demnach bei einer Fahrstrecke von rund 53.000 Kilometern tatsächlich an, aber als Emission, nicht als Einsparung. Elektroantriebe sind erst nach 150.000 bis 200.000 Kilometern den Verbrennungsmotoren umwelttechnisch überlegen. Die niedrigen Emissionen der Erdgasantriebe (CNG) erreichen sie nie, schon gar nicht, wenn Bio-Erdgas getankt wird.
    Diese Umwelt- und Finanzaspekte hätten nach § 68 Vergabeverordnung vor der Abstimmung untersucht werden müssen. Ein entsprechendes Papier liegt bis heute nicht vor.

    Umweltfreundlicher ist es auf jeden Fall, zwei notwendige Dienstwagen mit Erdgasmotor (CNG) zu leasen. Die emittieren nur 95g/km (z. B. Skoda Oktavia). Die Leasingkosten betragen ca. 6.400 € pro Jahr, nicht aber 30.000 € wie bei den E-Autos. Der finanzielle Aufwand für das Carsharing von 120.000 € in drei Jahren würde aus Steuergeldern bestritten, egal aus welchem Fördertopf das Geld stammt. Dafür könnte man entsprechende CNG-Dienstwagen rund neunzehn Jahre lang finanzieren.

    Weitere Vorteile von Erdgasautos sind die Reichweite (1.300 km statt nur 230 km beim E-Golf), die Tankzeit (fünf Minuten statt bis zu 5 – 10 Stunden) und das freie Parken. Die zwingend erforderlichen Ladesäulen für E-Autos und zwei dauerhaft reservierte Parkplätze in bester Rathauslage sind unnötig.

    Das Carsharing in Bargteheide wird auch damit begründet, dass die Autos abends und am Wochenende nicht nutzlos herumstehen sollen. Sie sollen gefahren werden. Dass sie dabei zusätzlich CO2 emittieren, widerspricht jedoch dem angeblich beabsichtigten Umweltschutz. Da nützt es auch nichts, reinen Ökostrom zu bezahlen. An der Stromtankstelle steht der nirgendwo zur Verfügung. Warum nun mehr statt weniger CO2 gut für die Umwelt sein soll, erschließt sich nicht.

    Die Kosten von 120.000 € in drei Jahren für das E-Carsharing statt rund 20.000 € für zwei umweltfreundliche CNG-Dienstfahrzeuge sind eine Mehrausgabe, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Dass durch Carsharing „Zweitwagen eingespart“ werden ist reine Phantasie zu Werbezwecken. Typische Carsharing-Nutzer sind Menschen ohne Auto, die sonst mit den ÖPNV oder dem Rad fahren würden. In Unistädten ist das gründlich untersucht worden, auf dem Land gibt es diese Angebote kaum.

    Fazit: In Bargteheide soll mit rund hunderttausend Euro an zusätzlichen Steuergeldern drei Jahre lang dafür gesorgt werden, dass einige wenige Menschen abends und am Wochenende gelegentlich Auto fahren können. Das ist mit Sicherheit keine Aufgabe der Gemeinde, schon gar nicht zu derart hohen Kosten, mitten in einer dramatischen Finanzkrise.

    Norbert Muras

    • Die Protokolle der Ausschusssitzungen geben Debattenbeiträge nicht vollständig wieder, da es sich nicht um Wortprotokolle, sondern im Wesentlichen um die Wiedergabe von Beschlüssen handelt. Es ist natürlich nicht einfach die Details einer Debatte wiederzugeben, wenn man der Sitzung nicht beiwohnte. Das ist Ihnen natürlich als langjährig erfahrener Kommunalpolitiker wohlbekannt. Die Gelegenheit alle Punkte in die Debatte einzubringen war vorhanden und wurde von allen genutzt, so das letztendlich der Beschluss von den vollzählig anwesenden Ausschussmitglieder einstimmig erfolgte.

  2. Da es in Bargteheide gar keine Erdgastankstelle gibt, dürften diese, durchweg bivalent ausgestatteten Fahrzeuge wohl zur Hauptsache mit gewöhnlichem Benzin betrieben werden. Die Wartungskosten sind höher und die Entsorgung der neuerdings aus Verbundwerkstoffen bestehenden Tanks ist ungelöst. Die von Herrn Muras angeführten Vergleichszahlen sind nicht aktuell. Es gibt aufgrund der hohen Innovationsgeschwindigkeit im Bereich der E-Mobilität deutliche Verbesserungen in Bezug auf Effizienz und Reichweite von Elektroautos. Zum Vergleich der lebenslangen Treibhausgasemissionen von Autos mit Elektromotoren mit denen mit Verbrennungsmotoren empfehle ich eine Studie der Technischen Universität Einhoven die im letzten Jahr veröffentlicht wurde.

    https://www.oliver-krischer.eu/wp-content/uploads/2020/08/deutsch_Studie-EAuto-versus-Verbrenner_CO2.pdf

  3. Sehr geehrter Herr Leidner,
    ich halte es für wichtig, die Fakten zu überprüfen, bevor öffentlich Zweifel an Protokollinhalten geäußert werden.
    in der 11. Sitzung des Umweltausschusses am 30.9.2020, TOP 7, wurde protokolliert: „Herr Mairhöfer appelliert an die Politik, dem Vorhaben zuzustimmen, da mit der Nutzung von Carsharing 7,5 t CO₂ pro Jahr eingespart werden können.“

    entsprechend wurde auch der Beschluss begründet:
    „Im Interesse der Reduzierung des CO₂ Ausstoßes in Bargteheide, wird die Verwaltung beauftragt, zeitnah die Ausschreibung eines unternehmensbetriebenen Carsharings mit zwei Elektrofahrzeugen durchzuführen.“

    Das Fehlen der Gegenüberstellung möglicher Antriebsarten und Kosten nach §68 VgV vor den Beratungen und Beschlüssen führt nun möglicherweise zu einem formalen Abwägungsmangel, der alle bisherigen Beschlüsse ungültig macht.
    Die sechs mal höheren Gesamtkosten für das Carsharing gegenüber einem reinen Leasing sind nie diskutiert worden. Eine bewusste Entscheidung dafür gibt es nicht, weil Antriebs- und Preisalternativen völlig ignoriert wurden.

    Ich gehe davon aus, dass bei Famila eine Erdgastankstelle gebaut wird. Wenn nicht, kann man in Bad Oldesloe CNG tanken, in Tangstedt sogar Bio-Erdgas. Derartige Diskussionen – auch über weitere technologische Entwicklungen – sind aber zwingend vor der politischen Entscheidung zu führen, nicht im Nachhinein.
    Norbert Muras

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