Traurige Nachricht aus Żmigród

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Zum Tod Paweł Becelas – ein Żmigróder, der Geschichte schrieb

Mitte September erreichte den Europaverein Bargteheide die traurige Nachricht, dass der Żmigróder Stadthistoriker Paweł Becela im Alter von nur 35 Jahren gestorben ist. Den Heimatforscher kannten auch viele Bargteheider, die in den letzten 20 Jahren an Austauschbegegnungen teilgenommen haben.

Schon mit 15 Jahren hatte sich Paweł Becela ein so beachtliches Wissen über Żmigród angeeignet, dass er Gäste aus Bargteheide oder frühere Bewohner der Stadt als deutschsprachiger Fremdenführer durch die Gemeinde begleitete. Im Jahr 2001 habe ich das als Gast der Bargteheider Partnerstadt selbst erleben dürfen. Kurz darauf wurde bei dem begabten jungen Mann eine schwere Autoimmunerkrankung festgestellt, die ihn für den Rest seines Lebens beeinträchtigte, aber seine Zielstrebigkeit und Schaffenskraft nie bremsen konnte.

Paweł Becel beim Vortrag im Ratssaal 2014 – Foto: Europaverein Bargteheide

Nach dem Studium der Geschichte und Germanistik in Breslau hatte er das nötige Rüstzeug, um seiner Leidenschaft fortan in professioneller Weise nachzugehen. Er konnte sich die Vorkriegsquellen im Original erschließen und war zudem gut vernetzt. Bereits als Schüler wurde er bei seinen Forschungen von der Familie Hatzfeldt, den letzten deutschen Besitzern der Schlossanlage im früheren Trachenberg, gefördert. Durch diesen Kontakt, den er bis zuletzt pflegte, bekam er Zugang zu vielen wichtigen Dokumenten.

Ab 2011 veröffentlichte er in drei reich bebilderten Werken auf insgesamt über 1800 Seiten die Geschichte seiner Heimatgemeinde (das letzte über die Umlanddörfer war zweibändig und erschien 2018). Neben den Hatzfeldts und Vertretern des Heimatkreisvereins Militsch-Trachenberg unterstützten ihn dabei auch Lokalredakteure und seine Mutter Jolanta Becela. Die pensionierte Deutschlehrerin, die die ersten Gespräche zwischen Bargteheide und Żmigród gedolmetscht hatte, half ihrem Sohn bei der Übersetzung von Quellen und als Zeitzeugin.

In einem Land wie Polen, dessen Existenz über Jahrhunderte von seinen Nachbarn immer wieder in Frage gestellt wurde, hat die Auseinandersetzung mit Geschichte einen ganz besonderen Stellenwert. Die Stadt Żmigród wusste also nur zu genau, dass der zurückhaltende Historiker ein echter Glücksfall für sie war. Sie half ihm bei der Finanzierung seiner Bücher und stellte ihn in der Touristeninformation im Schlossturm ein, wo er sein Wissen zur Geltung bringen konnte.

Bei allen historischen Themen war seine professionelle Expertise in Żmigród stets gefragt, sei es bei der Gestaltung von Informationsmaterial über den Schlosspark oder bei der Öffnung und Wiederbestückung der Zeitkapsel, die bei der Sanierung der Pfarrkirche entdeckt worden war. Ungezählt sind seine heimatkundlichen Aufsätze in der Stadtzeitung. Vor sechs Jahren konnte man ihn im Bargteheider Ratssaal bei einem lehrreichen und unterhaltsamen Vortrag über Żmigród erleben.

Durch seine Arbeit, die sich durch große Sorgfalt und didaktisches Geschick auszeichnete, hat Paweł Becela vieles vor dem Vergessen bewahrt und ist so am Ende selbst zu einem Teil der Geschichte der Bargteheider Partnerstadt geworden.

Christof Leidner

 

 

 

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